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Mobilität von Eisencyankomplexen in Böden ehemaliger Gaswerksstandorte

Prof. Dr. Tim Mansfeldt, Dr. Thilo Rennert


Böden ehemaliger Gaswerk- und Kokereistandorte sind regelmäßig u.a. mit Eisencyan­komplexen belastet. Die Eisencyankomplexe unterscheiden sich in der Oxidationsstufe des Eisens: Eisencyan(II)komplex, [FeII(CN)6]4-, und Eisencyan(III)komplex, [FeIII(CN)6]3-. Diese Komplexe treten in Böden und Grundwässern ausschließlich nach anthropogenen Einträgen eisencyanhaltiger Festphasen wie z.B. dem Berliner Blau, Fe4[Fe(CN)6]3, auf.
Ausgangspunkt des Projekts war der Ansatz, dass die Mobilität von Eisencyankomplexen in Böden belasteter Standorte nicht nur allein von Lösungs- und Fällungsreaktionen, sondern auch von adsorptiven Interaktionen mit verschiedenen Bodenfestphasen wie Goethit, a-FeOOH, und Ferrihydrit, Fe2O3 × nH2O (n = 1 - 3), bestimmt wird.
Zu Beginn des Projekts erfolgte die Entwicklung einer geeigneten Analytik von Cyaniden in Böden sowie von leicht freisetzbaren Cyaniden in Böden und Wässern mittels einer Mikrodestillationsapparatur.

In Schüttelversuchen reagierten die Komplexe in unterschiedlicher Art mit der Goethit­oberfläche in Abhängigkeit der Parameter Reaktionszeit, pH, Ionenstärke und pH-bedingte Desorption. Für den Eisencyan(III)komplex wurden schwächere Bindungen als für den Eisencyan(II)komplex postuliert. Für letzteren wird angenommen, dass er durch innersphärischen Oberflächenkomplexe und Ausfällung einer Berliner-Blau-artigen Phase bei niedrigen pH-Werten gebunden wird. Diese Bindungsmechanismen wurden in Experimenten bestätigt, in denen Sulfat als Konkurrent bei der Sorption der Komplexe an Goethit benutzt und die Desorption vom Goethit mittels Chlorid und Phosphat untersucht wurde. Sulfat war für den Eisencyan(III)komplex ein gleichwertiger Konkurrent, der Komplex wurde von Chlorid desorbiert. Die Sorption des Eisencyan(II)komplexes wurde von Sulfat nur in geringem Maße verringert, Chlorid desorbierte diesen Komplex nicht, und auch die Desorption mit Phosphat war bei pH 3,5 nicht vollständig. Dies bestätigte die oben genannten Sorptionsmechanismen. In Säulenversuchen konnte die Anwesenheit zweier Sorptionsmechanismen im Falle des Eisencyan(II)komplexes bei der Bindung an Goethit gezeigt werden. Generell zeigte sich, dass die in Schüttelversuchen bestimmten Sorptionsparameter auf Grund unterschiedlicher Sorptionskinetiken nicht auf die Simulation von Säulenversuchen übertragbar waren. Die Sorption der Komplexe an Ferrihydrit ähnelte der an Goethit, da sich anhand von Modellrechnungen ein gemeinsames Sorptions­maximum bezüglich beider Minerale von 1,6 µmol m-2 ergab. Allerdings waren die Bindungen an Ferrihydrit schwächer als an Goethit. Die Sorption der Komplexe in Böden wurde ebenfalls in Schüttelexperimenten untersucht, sie war in Böden mit hohen Gehalten an Eisenoxiden, Tonmineralen und organischer Bodensubstanz in hohem Maße ausgeprägt. Der die Sorption fördernde Einfluss der organischen Bodensubstanz wurde direkten Bindungen zwischen funktionellen Gruppen der organischen Substanz und dem Eisencyan-N zugeschrieben.
In Säulenversuchen war der Transport beider Eisencyankomplexe in einem humosen Oberboden stark verzögert. Je nach Konzentration wurden die Komplexe adsorbiert und/oder ausgefällt. Die organische Bodensubstanz wirkte hier nicht nur als wichtiger Sorbent, sondern auch als Katalysator für die Reduktion des Eisen(III)cyankomplexes.
Die Freisetzung von Eisencyankomplexen aus einem belasteten Gaswerkboden unterlag deutlichen Desorptionskinetiken.
Beide Eisencyankomplexe wurden von deponierten Gichtgasschlämmen auf Grund von Wechselwirkungen mit koksbürtigen organischen Substanzen stark gebunden. Hier zeigte sich wiederum die Bedeutung organischer Substanzen für die Mobilität von Eisencyankomplexen.

Fördernde Stelle: DFG
Laufzeit: Oktober 1998 bis September 2001
Ort: Ruhr-Universität Bochum