Kultur- und Kreativwirtschaft, Innovationen und lokale Produkte: Ein Tag im malerischen Bergdorf Soglio
An Tag 6 des Praktikums ist die Gruppe mit dem Thema Kultur- und Kreativwirtschaft, Innovationen und lokale Produkte mit dem schweizerischen Postbus, der für sein spektakuläres Busliniennetz bekannt ist, in das 1 ½ Stunden von St. Moritz entfernte malerische Bergdorf Soglio gefahren. Soglio liegt an der Grenze zu Italien und hat etwa 110 Einwohner. Hintergrund der Fahrt war, dass – im Gegensatz zu den anderen Gruppen – die Forschungsfrage unserer Gruppe nicht ausschließlich auf Forschung in St. Moritz abzielt, sondern sich auf die gesamte Region des Oberengadins und darüber hinaus, z.B. die Region Bergell, wo Soglio liegt, fokussiert.
Soglio ist aus zwei Gründen für das Forschungsprojekt der Gruppe interessant. Zum einen, um einen Vergleich zwischen St. Moritz und den umliegenden Gemeinden/Regionen ziehen zu können, und zum anderen aufgrund des gleichnamigen Unternehmens Soglio, welches überregional für seine lokal hergestellten Naturprodukte, die auch im Oberengadin vertrieben werden, bekannt ist. Das Unternehmen stellt ein hervorragendes Beispiel für eine wirtschaftliche bzw. ökologische Innovation im Alpenraum dar, da es seine Produkte auf schonende und nachhaltige Weise produziert. Weitere Beispiele für wirtschaftliche Innovationen sind z.B. Produktinnovationen (verbesserte Produkte), Prozessinnovationen (effizientere Produktionsprozesse), Soziale Innovationen (lösen soziale Herausforderungen) und technologische Innovationen (Einführung innovativer Technologien).
Im Alpenraum sind wirtschaftliche Innovationen aufgrund vieler Herausforderungen (Demografischer Wandel, Klimawandel, Saisonarbeit, veränderte Lebensstile, uvm.) von besonderer Bedeutung.
Nach der Busfahrt ging es ohne vorherige Terminabsprache in ein lokales Geschäft von Soglio, um nach einem spontanen Interview zu fragen. Dort begegnete uns eine sehr freundliche junge Mitarbeiterin, die allerdings leider selbst nur als Urlaubsvertretung im Geschäft arbeitete und uns deshalb nicht weiterhelfen konnte. Sie bot uns netterweise an, zusammen mit ihr durchs Dorf zu gehen, um einen passenden Interviewpartner zu finden, en Angebot, welches wir dankend annahmen. Es stellte sich allerdings als schwierig heraus, Interviewpartner in Soglio zu finden, da aufgrund der Nähe zu Italien eine gewisse Sprachbarriere bestand. Nach einer kurzen Suche bekamen wir dann den Tipp, dass das Hauptgeschäft und die Produktion von Soglio-Kosmetik in den Nachbarort Castasegna, das im Tal liegt, verlegt wurden und wir es dort versuchen sollten. Auf dem Weg von Soglio nach Castasegna (etyml. Casta = Kastanie) wanderten wir durch einen wunderschönen Kastanienwald – den größten Kastanienwald Mitteleuropas wohlgemerkt. Kastanien sind ein altes Kulturgut im Bergell. Die Kastanienbäume wurden, wie wir im Nachhinein erfahren haben, von den Römern importiert und werden bis heute gepflegt. Die Bergeller stellen verschiedene Produkte, z.B. Kastanienbrot, -käse, -torten, und -biere, aus ihnen her. Außerdem entdeckten wir auf unserem Weg in vielen kleinen Gärten Palmen, Sonnenblumen und andere mediterrane Pflanzen, die uns ein mediterranes Flair verspüren ließen. Herrlich!
Unten in Castasegna angekommen hatten wir die Möglichkeit, ein sehr interessantes Interview mit anschließender Führung durch die Produktion im Hauptgeschäft des Unternehmens Soglio zu führen. Uns wurden verschiedene Maschinen sowie getrocknete Pflanzen und Blumen, deren wunderbarer Duft sich im gesamten Haus verteilte, gezeigt. Interessant ist, dass viele Produkte von Soglio, z.B. Seifen, Shampoos, Parfums oder Peelings, aus einheimischen Rohstoffen aus dem Bergell (insbesondere Ringelblumen, Johanniskraut, der typischen Alpenblume Edelweiß und natürlich Kastanien) hergestellt werden. Produkte, die zu hundert Prozent aus lokalen Rohstoffen bestehen, erhalten ein goldenes Gütesiegel von Bregaglia.
Obwohl Soglio ein kleines Unternehmen ist, lässt sich seine Innovationskraft bewundern: es wird Wert gelegt auf energiesparende und transparente Herstellungsprozesse (Prozessinnovation und ökologische Innovation), die Zusammenarbeit mit der lokalen Gemeinschaft wie beispielsweise Kastanienbauern (soziale Innovation) oder die Beteiligung in Forschung und Entwicklung, um bestmöglichste Emulsionsverfahren zu entwickeln (technologische Innovation). Uns begeistert, dass Soglio die konventionelle Herstellung von Kosmetik – mit so viel Bereitschaft – herausfordert und nach neuen, innovativen Ansätzen sucht, um nachhaltige und gesundheitlich unbedenkliche Produkte herzustellen. Wir wünschen weiterhin viel Erfolg und Spaß bei der Herstellung!
Letztlich konnte unser Tag, nach einem etwas holprigen Beginn, im malerisch schönen Bergell mit einem positiven Ergebnis für das Forschungsprojekt abgeschlossen werden.
Julian Bohnenkamp und Angelika Mikusz