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Große Exkursion Japan - Ruhrgebiet 2021

Stadtentwicklung (in Japan und) im Ruhrgebiet“

Im Rahmen des Masterstudiums der Geographie gehört eine zweiwöchige Große Exkursion zu den Wahlpflichtveranstaltungen. Ziel der Exkursionen (zumeist ins nahe oder ferne Ausland) ist es, unter der Leitung und akademischen Begleitung eines/r Dozente/in geographisches Grundlagenwissen, forschungsbezogene Spezialkenntnisse und methodische Fähigkeiten zu vertiefen, die bis dato vorwiegend theoretisch-konzeptionell gelernt wurden, und unmittelbar vor Ort und in der Praxis kennenzulernen, entsprechend mit geographischen Fragestellungen und Realitäten konfrontiert zu werden und eigene praktische Erfahrungen sammeln zu können. Exkursionen können einen übergeordneten thematischen und regionalen Rahmen (etwa: „Aktuelle Regionalentwicklung in Island“ oder „Physische Geographie Andalusiens“) haben oder sich auf spezialisierte Schwerpunktthemen richten (etwa: „Urbaner Tourismus in Thailand“ oder „Disparitäten im ländlichen Raum Großbritanniens“).

Dieses Mal hatte ich als Exkursionsziel Japan gewählt und wollte aktuelle Stadtentwicklungsprozesse und -projekte der Megastädte Tokyo und Kyoto sowie in den Städten Nikko, Kobe und Hiroshima behandeln. Fragen der historischen Entwicklung, funktionalen Differenzierung, aktuelle Entwicklungsprojekte und ihre Probleme, Rahmenbedingungen und Akteure der Stadtentwicklung sollten behandelt werden. Gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Ursachen sowie Konsequenzen der zumeist globalisierten Urbanisierungsdynamiken sollten anhand ausgewählter Stadtbereiche und -projekte vertieft bearbeitet werden – vor dem Hintergrund aktueller Planungsprinzipien und sozio-ökonomischen Entwicklungen in Japan. Der Zeitpunkt war so gewählt worden, dass wir die berühmte Kirschblüte mitbekommen würden.

Aber … es kam anders. Corona hat die Welt im Griff, Reisen ins Ausland (und somit nach Japan) sind derzeit unmöglich. Also: Umsteuern! Wir hätten entweder eine rein digitale Exkursion „nach Japan“ unternehmen oder eine ganz andere Zielregion wählen können. Wir entschieden uns für letzteres, und wählten, buchstäblich naheliegend, die megaurbane Region des Ruhrgebiets.

Auch das Ruhrgebiet erfuhr im Laufe seiner Entwicklung tiefgreifende Transformationsprozesse: rasante Industrialisierung seit Mitte des 1850er Jahre, tiefgreifende Umstrukturierung nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs im Zuge der Kohle- und Stahlkrisen – sowie in jüngster Zeit erhebliche Deindustrialisierungs- und Globalisierungsprozesse. Auf jeden Fall war klar: An geographischen Themen und stadtbezogenen Projekten würde es nicht mangeln, eher im Gegenteil: Die zwei Wochen würden kaum ausreichen ...

So buchte ich Mitte September 2020 zwei Quartiere, eines im Osten des Ruhrgebiets – in Dortmund –, das andere im Westen – in Duisburg. Doppelzimmer, Vollpension, Anreise per „Studiticket“, Fortbewegung vor Ort mit Fahrrädern – nicht wissend, ob und wie die Pandemie ein halbes Jahr später, im April, überhaupt eine reale Reise zulassen würde. Das Exkursionsprogram wurde coronakonform umgebaut: modulare Lehrveranstaltungen, teils real, teils hybrid, teil digital, Feldarbeiten in Tandems zu maximal zwei Personen, notfalls auch allein. Aufwendige Genehmigungsverfahren, Gefahren- und Sicherheitsbeurteilungen, Information und Kommunikation, natürlich immer auch die Fragen dabei, ob sicheres Reisen möglich sein würde und sich die Gruppe verantwortungsbewusst vorsichtig verhalten würde.

Angesichts steigender Infektionszahlen der heranrollenden „dritten Welle“ war bis kurz vor dem geplanten Reisetermin nicht sicher, ob wir wirklich real ins Ruhrgebiet reisen können würden. Vor allem: Würde die Reise zu verantworten sein? Dann in Anbetracht der sorgfältigen Vorkehrungen das „grüne Licht“ des Dekanats – mit dem Hinweis, die Verantwortung würde letztlich allein bei mir liegen. Damit war klar: Zwei längere, offene Beratungen mit der Gruppe – und die Aussage, jede/r müsse für sich selbst entscheiden, ob er/sie die Reise antreten wolle. Die Gefahr einer potentiellen Infektion würde vom Verhalten jedes/r Einzelnen abhängen, vor und während der Reise. – Alle entschieden sich mitzufahren. Ein großer Ausdruck wechselseitigen Vertrauens! Treffpunkt: Jugendherberge Dortmund am Sonntag vormittag. Die Exkursion konnte beginnen …

Frauke Kraas, 04.04.2021

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