26.-27.08.2018: Unwegsames Hochland
Da am nächsten Tag eine besonders lange und anstrengende Etappe anstand, standen wir bei einer Temperatur von -2°C bereits um 6 Uhr auf und waren dementsprechend um 8 Uhr abfahrbereit. Das Frühstück, der Abbau des Camps und der Küchendienst nahmen täglich rund 1,5 bis 2 Stunden in Anspruch, weswegen wir meist zwischen 6 und 7 Uhr aufgestanden sind, je nach Länge des Tagesprogramms. Gerade das Errichten und Abbauen des Gruppenzeltes und das Ein- bzw. Ausladen der Rucksäcke, Schlafsäcke und Isomatten war immer Gemeinschaftssache und alle Hände wurden benötigt. Die Strecke des heutigen Tages führte uns wieder durch die schier unendliche Aschewüste bis hin zu dem jüngsten Lavafeld Islands (von der Eruption des Holuhraun 2015) und weiteren tollen Wasserfällen, die teilweise noch nicht mal ausgeschildert waren. An denen habe ich mich übrigens nie sattgesehen. Jeder einzelne ist auf seine eigene Art und Weise faszinierend und schön. Unterwegs haben wir auch mal mitten im Nirgendwo Halt gemacht und eine Runde Fangen gespielt, irgendwie musste man ja wieder warm werden und der Spaß durfte auch nie zu kurz kommen.
Vor einer besonders langen und schwierigen Hochlandstrecke (Straßenschäden in Deutschland sind kein Vergleich mit den „Straßen“-Konditionen dort) stärkten wir uns noch einmal. Mittags gab es übrigens immer ein erweitertes Frühstücksbuffet. Also von Schwarzbrot und Knäckebrot mit verschiedenen Aufstrichen über den typisch isländischen Skyr, Obst und Gemüse bis hin zu den Resten des Abendessens vom Vortag alles, was das hungrige Abenteurerherz begehrt. Dazu Tee und Kaffee. Während dieser Mittagspause wurde von zwei besonders engagierten Studierenden die „AG Angewandte Historische Verkehrsgeographie“ gegründet. Sie fanden im Boden (der aus lockerer Asche bestand) die Spitze eines alten Verkehrsschildes und nutzen die Pause dazu, dieses auszubuddeln. Die Aktion sorgte für viele Lacher und viel Spaß, was in Anbetracht der folgenden Stunden genau richtig war. Die weitere Fahrt war dann nämlich nicht nur für die Fahrer sehr anstrengend (die Bücher und alles was nicht niet- und nagelfest im „Wohnzimmer“ von Maggie war, fiel bei den extrem rauen Straßen häufiger mal heraus) und nach ein paar weiteren Stopps an geologisch und geomorphologisch relevanten Standorten kamen wir erst am späten Abend am Campingplatz in Nyidalur an. Die großen Moosfelder inmitten der schwarzen Asche waren ein echter Lichtblick auf der langen Fahrt und vor allem in der untergehenden Sonne toll anzusehen.
Die Fahrt führte uns zu einem Campingplatz, der alles andere als einladend wirkte: die Wiese, auf der normalerweise gecampt wurde, war komplett überschwemmt. Am nächsten Morgen merkten wir erst, in was für einer schönen Landschaft wir doch im Dunkeln unser Camp aufgeschlagen haben. Die in der Nacht mal wieder nass gewordenen Zeltplanen (waren die jemals wirklich trocken?) wurden in der Morgensonne (ja, so was hatten wir auch mal!) so gut es ging ausgebreitet und zum Trocknen aufgehängt. Jeden Morgen wurden von abwechselnden Kleingrüppchen die Kartierungen der touristischen Infrastrukturen übernommen und diesen Morgen war ich wieder an der Reihe. Ein weiterer wiederkehrender Tagesordnungspunkt war die Lagebesprechung, bei der wir alle um eine unserer mitgebrachten Islandkarten standen und den Weg des kommenden Tages suchten. Im Anschluss ging die Wanderung in ein wunderschönes Tal los. Dort analysierten wir wie immer alles - von der Vegetation an den Hängen bis hin zu der Beschaffenheit der Steine. Ich konnte zwar nur wenig dazu beitragen, hörte aber um so interessierter zu und lernte viel. Die Fahrt durch die menschenleere Aschewüste ging langsam zu Ende, als wir in einem kleinen Ort in einer Raststätte Pause machten. Kakao für alle – was ein Luxus! Hier war die erste Möglichkeit, sich mit Snacks auszustatten, wenn auch die sowieso schon hohen isländischen Preise noch höher waren als üblich. Das sollte aber erst mal genug Zivilisation sein für den Tag, kamen wir uns doch alle ein wenig merkwürdig vor zwischen den „normalen“ Menschen. Zum Glück entdeckte Benny eine uralte Schäferhütte, die auf den ersten Blick zwar nicht so einladend wirkte, uns dann aber die Nacht rettete.
Nach einer leckeren Portion Spaghetti wurde in Gemeinschaftsarbeit die Hütte wohnlich gemacht: Erst wurde die Bank darin an die Wand geklappt, dann hielt einer den Nagel, der aus dem etwa 1,50m hohen Türeingang ragte, mit der Hand zu, während eine Menschenkette – wie bereits die letzten Nächte geübt – alle Isomatten, Schlafsäcke und Rucksäcke aus dem Auto in die Hütte transportierte. Danach wurden die Wände (nur aus Steinen mit relativ großen Ritzen bestehend) mit einem Teil der Isomatten isoliert und im Licht unserer Stirnlampen mit den restlichen Matten ein Lager ausgebreitet. Zusammengekuschelt auf deutlich weniger Platz als gewohnt schliefen wir nicht nur alle im Trockenen, sondern wuchsen als Gruppe noch näher zusammen. So etwas hält man schließlich nicht mit jedem aus!
Merit Koch