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09: Eyjafjallajökull

Eyja © Frauke Kraas

Mehr als zehn Jahre ist es her, seit sich die Welt mit einem unaussprechlichen Vulkan[1] abmühte – E… Eyja … E-wieauchimmer, der da in Island, egal, das-kann-ich-mir-nicht-merken-Wort – also auf jeden Fall mit der vulkanischen Ursache dafür, dass Millionen weltweit Reisender kurzerhand festsaßen. Nichts ging – bzw. besser: flog mehr.

Eyjafjallajökull war kein Unbekannter. Sein Alter wird auf etwa 800.000 Jahre geschätzt, auch während der Eiszeiten war er aktiv, doch seit der Landnahme Islands (permanent ab dem Jahr 874) wurden bis dahin erst drei Ausbrüche verzeichnet - 920, 1612/13, 1821-23. Im Unterschied zu vielen anderen hochaktiven Vulkanen, darunter die benachbarte, berüchtigte Katla, war der E-Vulkan nachgerade ein Noname.

Das änderte sich schlagartig am 20. März 2010 – als in den Folgetagen während gewaltiger Eruptionen große Mengen Asche bis zu 7000 m hoch in die Atmosphäre geschossen wurden – wo sie sich innerhalb kürzester Zeit in weitem Verbreitungskegel ausbreiteten. Ende des Monats tat sich unerwartet am Fimmvörðuháls (noch so ein unaussprechliches, nun F-Wort!) eine breite Ausbruchsspalte auf, die intensiv Lavaströme produzierte. Phreatomagmatische Eruptionen traten hinzu, neue Aschewolken entstanden, Blitze entzündeten sich in ihnen, Erdbebenserien erschütterten die Umgebung, Dampfexplosionen und -wolken sowie intensive Folge- und Begleiterscheinungen weit über Island hinaus hielten die Wissenschaft auf Trab.

Und beileibe nicht nur die. Angesichts sog. "nordwestlicher Großwetterlagen" verbreiteten sich die Aschewolken über Nordwesteuropa und das nördliche Zentraleuropa, bis nach Zentralrussland, zum Alpenraum, albst bis in den nördlichen Mittelmeerraum. Hohe Konzentrationen von Feinstaub, bis zum Tausendfachen des Normalwerts, behinderten die europäische und transatlantische Luftfahrt massiv durch geringe Sichtweiten – und vor allem hohe atmosphärische Aschekonzentrationen, die sich wie Sandstrahlgebläse auf die Außenhüllen von Flugzeugen auswirkten und deren Düsentriebwerke beschädigten. Zahlreiche Flughäfen wurden tagelang ganz oder zeitweise geschlossen, mehr als 100.000 Flüge für über 10 Millionen Flugpassagiere wurden gestrichen; auf bis zu 2,5 Milliarden Euro könnten die ökonomischen Schäden beziffert werden. (Damals auf Exkursion in Mumbai, erinnere ich mich noch gut an die zahlreichen Telefonate mit Kollegen und Mitarbeitern, von Indien über Köln bis Washington - wir "saßen fest", wie so viele ...).

Auch die Auswirkungen in Island selbst waren beträchtlich: Die umliegenden Bauern verloren Teile ihres Landes, ihre Höfe wurden von der Asche verschüttet, viele Touristen stornierten ihre Buchungen für Island, vielfältige gesundheitliche und ökologische Schäden in erheblichem Maße waren zu verzeichnen. Die Listen könnten deutlich verlängert werden ...

In einem sehr gelungenen Erklärvideo in der Reihe "Time for Geography" erklärt der Geograph Simon Ross (langjähriger Head of Geography, Queen’s College in Taunton) die Ursachen und Auswirkungen der Eruption – ein sehenswerter Einblick in das damalige Geschehen.

https://timeforgeography.co.uk/videos_list/plate-tectonics/eyjafjallajokull-case-study/

Inga Julia, die Leiterin des Eyjafjallajökull Visitor Centre, besuchten wir Anfang 2017 auf einer Reise – sie ist längst zu einer kleinen Berühmtheit geworden: Wer ihr einmal bei der Schilderung der Evakuierungen ihres Hofes zugehört hat und den Beschreibungen der intensiven Aufräumaktionen ab dem Spätsommer 2010, der begreift, dass ein solcher Ausbruch zwar (noch) nicht die Welt verändert, aber die Welt der Höfe und Dörfer im Süden Islands.

Übrigens, am E-Wort haben sich zahllose Reporter abgearbeitet - man darf sich über kreative Versuche freuen: https://www.youtube.com/watch?v=9jq-sMZtSww. Viel Vergnügen! Und siehe Fußnote!

Frauke Kraas


[1] Bevor man sich im Bemühen um korrekte Aussprache in die Gefahr gesundheitsgefährdender Zungenknoten begibt, hier einige tongebende Hilfestellungen: https://de.forvo.com/word/eyjafjallaj%C3%B6kull/

Hof unterhalb des Eyjafjallajökull im Januar 2017 © Frauke Kraas