05: Speisen als urbanes Kulturerbe – ein kleiner Guide zu Pune
Im Rahmen unserer gemeinsamen Reise nach Pune ging es zunächst bepackt mit vielen Stereotypen bezüglich des indischen Essens auf den Weg. Es sei zu scharf, es schmeckt stark nach Koriander, und auch mögliche Probleme mit Magen-Darm sind sicher jedem zu Ohren gekommen. Allerdings brechen wir eine Lanze für das indische Essen und die damit einhergehende Esskultur!
Zunächst ein paar Tipps: Grundsätzlich sollte Leitungswasser in allen Formen vermieden werden, sei es beim Zähneputzen (je nach Ort nicht zwangsläufig notwendig, da beispielsweise unser Hotel sehr gut war) oder in Form von Eiswürfeln. Das Flaschenwasser in Indien (sofern ungeöffnet oder nicht neu aufgefüllt) ist bedenkenlos trinkbar und vergleichsweise zu Deutschland erschwinglich. Das trifft eigentlich auch auf alle Speisen und Getränke zu, Snacks kosten meist ein bis zwei Euro (ca. im Bereich von 50-160 Rupien) und Hauptspeisen reihen sich mit 3-5 Euro (240-350 Rupien) ein – dabei handelt es sich aber dann meist um große Portionen oder teureres Essen. Auf jeden Fall ist es in Indien kein Problem, unter 10 Euro am Tag gut zu essen und satt zu werden!
Weiterhin ist es sinnvoll, bei Speisen, die unverpackt sind, darauf zu achten, dass es sich nicht um offen liegende Nahrungsmittel handelt und diese nicht gekühlt werden müssen (eine durchgehende Kühlkette, insbesondere bei Transporten oder für die Straßenstände ist einfach nicht immer gewährleistet – sei es durch mangelnde Finanzmittel oder Stromausfälle etc.). Dies kann einfach umgangen werden, indem man frisch zubereitete Speisen kauft, die gebraten, gekocht oder frittiert werden - im Idealfall, wenn man das Produkt sofort frisch kauft. Speiseeis kann auch ein Risiko darstellen, genauso wie das kostenlose Wasser in Restaurants – allerdings achten die Restaurants verstärkt und zunehmend auf Hygiene. Sehr zu empfehlen sind an dieser Stelle Momos (gefüllte Teigtaschen – entweder frittiert oder gedämpft) oder Vada Pav (Brot mit frittiertem Brätling – meist aus Gemüse oder Kartoffeln). Unser all-time-Favorit ist jedoch Mango Lassi (Lassi ist ähnlich wie Ayran eine Art Molkedrink in süß oder salzig), auch wenn Mangos im September nicht in der Erntesaison sind!
Genau wie für Indien lässt sich der Spruch „Unity in Diversity“ auf das Essen übertragen: Was gut schmeckt, gefällt auch (fast) allen! Die Küche ist nämlich nicht nur lokal oder regional, sondern national sowie international beeinflusst. Gerade in Pune, wo der größte Anteil junger Menschen Indiens wohnt (bedingt durch Studenten aus dem ganzen Land) zeigen sich diverse Einflüsse: Fast Food wie Pizza und Burger sowie als Anbieter verschiedenste „Ketten“ sind vor allem bei der jüngeren Bevölkerung im Kommen – aber Obacht: „Ketten“ haben trotzdem ein regional angepasstes Angebot und schmecken z.T. ganz anders als hier bei uns in Europa. Der Konsumwandel führt leider teils zu einer steigenden Anzahl von Diabeteserkrankten sowie Übergewicht und damit Anpassungen der Zutaten und Rezepte, wie z.B. in Form von zuckerfreien Nahrungsmitteln. Globalisierung und Tourismus bewirken zusätzlich Änderungen einiger Gerichte: Sei es durch globale Märkte und damit verbunden einer Änderung der Qualität oder in Bezug auf den Schärfegrad der Speisen – auch wenn wir sogar Freunde unter unseren indischen Partnerstudierenden hatten, die keine scharfen Speisen essen können!
Gleichzeitig bringen die aus vielen Teilen Indiens zugezogenen Menschen verschiedene Einflüsse mit. In Pune ist etwa die südindische Küche sehr beliebt, d.h. zum Beispiel alle Formen von Dosa = einer Art neutraler, dünner sowie gerollter Pfannkuchen oder Uttapa = recht fettiger und üppig belegter Pfannkuchen. Die Zuwanderung der Parsen brachte beispielsweise Biryani nach Pune (im Endeffekt Reis mit Masala und verschiedenen Zutaten, wie Tofu, Gemüse, Käse usw.); dieser unterscheidet sich aber durch lokale Zutaten sowie Anpassungen und ist damit abgewandelt vom Original. Dazu kommt neben den lokalen, traditionellen Gerichten (z.B. Misal Pav, mit typischer Gewürzmischung als Masala-Soße mit Brot und verschiedenen Varianten auf dem Teller) oder Sabudana Wada (frittierter Tapioka-Brätling mit diversen Dips) aber auch eine Tradition an Süßspeisen! Diese sind je nachdem traditionell saisonal vorhanden: In der Sommerzeit, in der es sehr heiß und trocken ist, gibt es Shrikhand (eine Art abgesiebter Joghurt mit Zucker und Nüssen), wohingegen in der Monsunzeit Jilebi (frittierter Teig mit Honig) angeboten wird. Festivalzeiten prägen die Küche außerdem durch Fastenzeiten oder besondere Köstlichkeiten, wie Modak (schwierig zu beschreiben; am besten selbst probieren!), welches zum Ganpati-Fest gereicht wird. Früher gab es diese besonderen Süßigkeiten nur an den Festtagen, heute werden sie jedoch dauerhaft angeboten und sind dann je nach Fest stark nachgefragt. Typisch sind außerdem Thali, d.h. eine Vielzahl von kleineren Gerichten und Snacks anstatt einer großen Hauptmahlzeit. So kann man dann auch viel probieren und teilen – ein Muss für alle, die Indien besuchen!
Insgesamt hat sich unsere Gruppe wacker geschlagen; es gab keine Magen-Darm-Beschwerden und es wurde sehr viel probiert, untereinander getauscht und genossen. Viele von uns konnten gut scharfe Gerichte essen, einige wenige nicht und vertrugen davon eher weniger ;-). An dieser Stelle soll auch nochmal ein herzlicher Dank an unsere indischen Freunde ausgesprochen werden, die uns immer alle Gerichte und Fragen erklärt haben und beim Schärfegrad sehr umsichtig waren!
Rümeysa Sevinc und Malte Hochum