07: Willkommen in der Hupnation
Auto-Rikschas, anderswo lautmalerisch gerne als „Tuktuk“ bezeichnet, sind die wahrscheinlich schnellste Fortbewegungsart in indischen Städten und auch relativ günstig, wenn man sich vorab über die üblichen Preise informiert, und wichtig: den Preis VOR der Abfahrt aushandelt. Für 5 km haben wir durchschnittlich ca. 1€ gezahlt. Ihre handliche Größe, bequem ausgelegt für drei Leute, unbequem scheint es auch mal möglich eine ganze Großfamilie unterzubringen, hat einen klaren Vorteil in den engen Gassen von Pune. Auch auf den großen Verkehrsachsen, insbesondere zur Rushhour, schaffen es die Fahrer durch eine Mischung aus bewundernswerter Unnachgiebigkeit und beängstigender Risikobereitschaft, sowie dem geübten Griff zur Hupe, sich durch die schmalsten Lücken im dichten Verkehr zu drängen. Allgemein scheint die Hupe, bei Rikschas, Autos oder LKWs, in Indien ein sehr wichtiges Kommunikationsmittel darzustellen. Statt die Fahrt zu verlangsamen, wird beim Heranfahren an ein anderes Fahrzeug oder auch an Menschen, die die Straßen überqueren wollen, gehupt, meistens mehrmals, manchmal auch durchgängig. Man fährt um die Kurve: es wird gehupt. Vermutlich um jeglichen Gegenverkehr (vorzu-)warnen. Man wird auf dem Highway überholt? Es wird gehupt. Auch die Lichthupe wird gerne gebraucht. Im Gegensatz zur deutschen Verkehrskultur entsteht darüber allerdings keine Verärgerung bei den Verkehrsteilnehmern. Es wird vielmehr als Signal war genommen, welches meint: „Hey, ich bin auch hier, bitte lass mir ein wenig Platz“. Teilweise hatte man das Gefühl, dass die Hupe auch zur Begrüßung von Fußgänger*innen und entgegenfahrenden Fahrzeugen verwendet wurde, da allerdings keine Fahrer explizit hierzu befragt wurden, bleibt dies wohl fürs erste nur eine Theorie.
Wer in Deutschland Angst davor hat, die Straße ohne Ampeln zu überqueren, hat in Indien eine schwere Zeit. Zwar gibt es ein paar Ampeln, jedoch liegen diese zumeist an größeren Kreuzungen und sorgen in erster Linie dafür, dass hunderte von Fahrzeugen aus mehreren Richtungen in etwas geordneter Weise die Straße überqueren und Fußgänger*innen an diesen Orten überhaupt eine Chance bekommen unbeschädigt rüberzukommen. An allen anderen Straßen ohne Ampel gilt also: Ausschau nach größeren Fahrzeugen halten, die nicht so schnell bremsen können, und dann, hier ist Kühnheit und Mut unbedingt erforderlich, einfach loslaufen in gleichmäßigem Tempo. Ganz wichtig dabei: nicht anfangen zu rennen oder das Tempo zu verändern, da die heranrauschenden Fahrzeuge sonst nicht einschätzen können, ob sie einen umfahren, abbremsen oder normal weiterfahren können. Man mag es kaum glauben, aber nach etwas Übung gewöhnt man sich relativ schnell daran und kann besser einschätzen, welcher Zeitpunkt am geeignetsten erscheint, um eine Überquerung zu wagen.
Wir können jedenfalls sagen, dass uns der Verkehr zu gleichen Teilen fasziniert sowie viele Nerven gekostet hat. Tuk Tuks haben sich klar als unser Lieblingstransportmittel herausgestellt und wurden mit der Zeit auf absurde Art sogar ein Ruhepol inmitten des wilden Treibens der Stadt. Wir konnten Motorräder/Roller mit zum Teil drei oder vier Leuten oder als Transportmittel von Fernsehern, Eierpaletten, Lebewesen u.ä. beobachten, Staus umfahren, und den Fahrtwind trotz stickiger Luft genießen.
Eine weitere interessante Beobachtung wurde während unseres Ausflugs zum Sinhagad Fort gemacht: Der Trend des Rennradfahrens, der in Deutschland seit ein paar Jahren zunimmt, scheint trotz der mehr schlecht als rechten Luft und des Verkehrs auch in Indien angekommen zu sein (siehe Foto).
Louisa Hain, Sophia Schneider und Florian Dörich