24.-25.08.2018: Ab in die Einsamkeit
Nach dem ersten gemeinsamen Frühstück auf den Holzbänken zwischen den Zelten ging es mit einer kleinen Wanderung zu unseren ersten Wasserfällen! Mir als bis dato Geographieneuling war gar nicht klar, wie viel Zeit man damit zubringen kann, die Umgebung zu analysieren. Das war sehr spannend und nur ein kleiner Vorgeschmack auf die kommenden Wochen. Der Hengifoss ist mit seinen 118m der vierthöchste Wasserfall Islands und das Wasser stürzt vor beeindruckenden Gesteinsschichten hinab. Der Litlanesfoss ist mit 45m zwar deutlich kleiner, dafür aber von gut ausgeprägten Basaltsäulen umgeben und nicht weniger schön. Diese begegneten uns im Laufe der Exkursion an verschiedensten Stellen.
Weiter ging es zum Kárajúkarstaudamm, der zu einem der größten Wasserkraftwerke Europas gehört. Der ideale Punkt für unsere erste Mittagspause! (Mehr über den Staudamm und Energie in Island gibt es hier)
Dort trafen wir noch ein paar Menschen, bevor es ins Hochland ging – und damit weg von den normalen Touristenpfaden. Wir durchquerten unseren ersten Fluss (rückblickend ein kleines Bächlein) und staunten über die scheinbar unendliche Weite. Immer wieder hielten wir an und besprachen die Umgebung. Angekommen am Campingplatz mit Blick auf die Herðubreið, Königin der Berge Islands und ein Tafelvulkan wie er schöner nicht sein könnte, wurden die Zelte aufgeschlagen und wieder einmal nach Küchendienst, Katzenwäsche und Abwasch früh die Schlafenszeit eingeläutet.
Am nächsten Morgen kartierten wir erstmals alle gemeinsam in Kleingruppen den Campingplatz mit der zugehörigen Infrastruktur. Etwas ganz Neues für mich und dementsprechend aufregend. Nach einem Gruppenbild vor der beeindruckenden Aussicht ging die Fahrt Richtung Askja los. Während auf dem Campingplatz noch 2-3 andere Zelte standen, sahen wir den gesamten Tag an keinem unserer Stopps eine Menschenseele. Übrigens auch keine Tiere. Die Landschaft mag aufgrund der Felsen und bis auf Moos fehlenden Vegetation ein wenig karg wirken, hat mich aber spätestens bei dem ersten großen Regenbogen (und davon gibt es so einige in Island) in den Bann gezogen.
Immer wieder wurden an unscheinbaren Abzweigen meist ohne Beschilderung Pausen gemacht und der ein oder andere Wasserfall und Stein genauestens begutachtet. Die ersten Schilder mit großem Ausrufezeichen und deutlichen Warnungen, dass ab hier nur 4x4 Fahrzeuge und geübte Fahrer weiterkommen, verunsicherten uns nicht im geringsten – wir kannten Bernd und Guðmundur mittlerweile gut und wussten, dass die beiden uns durch jeden noch so tiefen Fluss und jedes unwegsames Gelände fahren würden. Die Fahrt führte uns zum Ausgangspunkt einer Wanderung zur Caldera des Vulkans Askja. Der Hinweg war zu Beginn noch sonnig und der kleinere Vitikrater mit türkis-trübem Wasser verzauberte uns alle. Schneefall setzte ein während wir auf dem Weg waren und wurde mit der Zeit immer stärker und wir trauten unseren Augen nicht – im Kratersee schwammen tatsächlich zwei Menschen! Schilder und die Erzählungen von Benny verrieten uns jedoch, dass das Wasser angenehme 24-28°C hat und nur der Weg herunter ein wenig beschwerlich ist. Nach einer kleinen Rutschpartie zu einem Aussichtspunkt und der genauen Analyse der Entstehungsgeschichte des Kraters machten uns die sehr dunklen Wolken am anderen Ende des großen Kratersees Sorgen und so brachen wir den Rückweg an. Tja, wohl nicht schnell genug, denn der Schnee holte uns ein. Aber kein Grund zur Panik - wir nutzten die Zeit für eine ausgiebige Schneeballschlacht und hatten dabei viel Spaß.
Nach einer holprigen und kalten Rückfahrt ging es zum Campingplatz, wo wir im Schneerieseln die Zelte aufbauen mussten. Ein kurzer abenteuerlicher Ausflug in die Dreki („Drachen“) -Schlucht war zwar ein wenig ernüchternd (der „Drache“ war in einer Felsformation nur mit viel Fantasie und nur aus einem ganz speziellen Winkel zu erkennen), aber so hatten wir wenigstens ordentlich Appetit und Bernd in der Zwischenzeit das Essen zubereitet. Nach dem Abendessen um 21:00 und dem besonderen Genuss von heißem Apfelsaft mit Zimt war der Weg durch den Schnee ins Zelt aber immer noch unangenehm. Spätestens in dieser Nacht wäre ich wohl erfroren, wenn Frau Kraas mir nicht ihre Rettungsdecke für die Nächte geliehen hätte. Darin eingewickelt habe ich im Schlafsack vielleicht ein wenig geknistert, aber ohne sie hätte ich wohl in jeder folgenden Nacht sehr gefroren und wäre mit Sicherheit richtig krank geworden. Die Kälte aus der Nacht hat man nämlich nur bedingt am nächsten Tag wieder aus den Knochen bekommen. In Maggies „Wohnzimmer“ (dem Teil hinten drin, wo wir mit bis zu sieben Personen saßen) und auch vorne bei Bernd war es nämlich nicht sonderlich warm. Nur im Jeep konnte man so richtig auftauen und deswegen wurde fairerweise immer mal durchgetauscht.
Merit Koch