Brotzeit auf indisch
Fragt man auf Reisen andere Mitreisende nach Dingen, die sie in der Fremde am meisten vermissen, erkennt man (wenn nicht am Akzent) Deutsche oftmals daran, dass eines der ersten Dinge, die ihnen einfallen, das deutsche Brot ist. Und zwar in allen Spielarten und Ausführungen: vom Brötchen und Brezeln, über Pumpernickel und Vollkornbrot bis hin zu den verschiedenen süßen Teilchen, die man so in den Bäckereien findet. Viele sehen darin ein Alleinstellungsmerkmal der deutschen Esskultur.
Öffnet man eine Speisekarte in Indien, ist es zunächst schwer sich zurecht zu finden ob der riesigen Auswahl an verschiedenen Gemüse Curries (natürlich auf Hindi), Tikkas (Grillspieße) und Snacks. Und dann kommt plötzlich die Sektion der Brote.
Roti, Naan, Paratha, Chapatti, Puri, Kulcha, Bhatura, Idli, die meisten davon noch in verschiedenen Ausführungen: ob mit Butter und/oder Knoblauch garniert oder mit verschiedensten Zutaten gefüllt.
Die einzige Chance, die man als Unwissende*r hat, ist ein gnadenloses Durchprobieren, was in diesem Fall sehr einfach ist, da es sich wirklich lohnt alle zu testen. Eins schmeckt besser als das andere, und das davor war auch echt gut und so weiter und so weiter….
Aber nochmal von ganz vorne: Begonnen wird wie wohl überall auf der Welt mit einem Teig, der entweder nur aus Mehl (Weizen, Reis, Dhal) und Wasser besteht (Roti, Chapatti, Puri, Idli, Papadam). Brote wie Naan, Paratha, Kulcha, Bhatura werden mit Hilfe von Hefen (Sauerteig oder industriell erzeugt) fermentiert, bevor sie gebacken werden. Außerdem kommen oftmals Zutaten wie Ghee, Milch oder Joghurt hinzu.
Beim Stichwort „backen“ besteht der wohl größte Unterschied zu der hiesigen Brottradition. Werden die meisten Backwaren in Deutschland einfach im Ofen gebacken, unterscheiden sich hier die Zubereitungsarten in Indien sehr. Im Falle der „einfachen“ Fladen (Chapatti/Roti/Paratha) wird der Teig dünn ausgerollt und so wie er ist kurz in einer Pfanne geröstet. Diese Brote werden standardmäßig zu einem Großteil der typischen Curries/Thalis gereicht. Brote wie Puris und Bhatura werden auch ausgerollt und dann in heißem Fett frittiert, wobei sie sich ballonartig aufblähen (Video 1). Abschließend gibt es da noch die Zubereitung im Tandor-Ofen (Video 2). Hier werden die Teigstücke an die Innenseite eines Keramikofens, der mit Holzfeuer beheizt wird, „geklebt“, nach kurzer Zeit kunstvoll herausgeholt und dann zur weiteren Verfeinerung (Knoblauch, Butter) weitergereicht. Gut zu sehen sind die typisch dreieckigen Naanbrote und die Tandori Rotis.
Um abschließend auf den Anfang zurückzukommen: Sicher findet man in Indien kein schweres Vollkornbrot oder Röggelchen, dafür eine Vielzahl an verschiedenen Brotsorten, Zubereitungsarten und Geschmacksrichtungen, die ich so bisher nicht kannte. Der Zeitpunkt der Brotzeit und die Beilagen bzw. Beläge unterscheiden sich natürlich umso mehr von dem uns Gewohnten, aber das ist eine ganz andere Geschichte.
Simon Mund