12.03.2020: Shimla - Wir haben JA gesagt
Man hat im Leben oft die Gelegenheit ja zu sagen. Dieses kleine Wort ja - profan und alltäglich; so gut wie allgegenwärtig. Wahrscheinlich benutzten wir diese kurze und prägnante Vokabel knapp hundert Mal am Tag. Sagen ja zum Kaffee, ja zur Rikscha, ja zum letzten Preis. Wir bestätigen damit Angaben, bejaen Fragen, nicken ab. Aber nur in den seltensten und einzigartigsten Fällen folgt danach eine indische Hochzeit. So geschehen auf unserer Exkursion am 12.03.2020 in Shimla.
Wollt ihr heute Abend zu unserer Hochzeit kommen?
Doch ganz von vorn. Der Tag begann zunächst mit einem nein. Nein zum Taxi. Wir starteten also den noch taufrischen Tag zu Fuß und liefen die hügeligen Wege bis zur Ridge hinunter. Wir befanden uns auf einer der alten Hill Stations in einer atemberaubenden Höhe von 2013 m im indischen Bundesstaat Himachal Pradesh. Nicht nur strahlender Sonnenschein und kühler Wind, auch Hunde und Affen begleiteten uns neugierig auf unserer ersten Erkundungstour.
Die Einflüsse der britischen Kultur waren omnipräsent. Die Briten brachten nicht nur ihren Baustil, sondern auch das Christentum, mitsamt Know How über Infrastruktur, Medizin und Bildung. Eine Systemübertragung mit Synergieeffekt. Vorbei an der Town Hall im Neogotik-Stil, bahnten wir uns einen Weg bis zum „The Peter Hoff“. Das imposante Gebäude mit englischem Garten lud zum Verweilen ein und so beschlossen wir, dem nächsten Referat in englischer Manier, bei Tee und Milch auf schwungvoll designten Eisenstühlen beizuwohnen.
Der Peterhoff umfasst einen Gebäudekomplex, der während der britischen Kolonialzeit mindestens sieben Vizekönige und Generalgouverneure beherbergte. Sein erster Bewohner war James Bruce, der 8. Graf von Elgin, welcher 1863 in das Gebäude einzog. Nach der Unabhängigkeit Indiens vom britischen Empire diente das Gebäude als Oberster Gerichtshof des Punjab. Im Peterhoff fand 1948-49 der Prozess gegen Nathuram Godse statt, der Mahatma Gandhi ermordete. 1971, als Himachal Pradesh ein vollwertiger Staat wurde, diente Peterhoff als Raj Bhavan (die Residenz des Gouverneurs). Das Gebäude wurde in der Nacht vom 12. Januar 1981 durch einen verheerenden Brand zerstört. Dem Peterhoff hauchte man 1991 mit einem neuen Design als Luxushotel wieder neues Leben ein.
Wie Tiger im Käfig umrundeten wir staunend das geschichtsträchtige Gebäude mit dem Wunsch vielleicht und auch nur ganz kurz einen Blick hineinzuwerfen. Der Wunsch sollte in Erfüllung gehen. Ermutigt durch Frau Kraas, doch mal beherzt an der Rezeption nach einer Erlaubnis zu fragen, folgte prompt eine Privatführung durch das komplette Haus. Auf dem Weg in eine der großen Hallen stolperten wir direkt in die Vorbereitung einer Veranstaltung, die der Größe des Raums in allen Belangen gerecht wurde. Meterlange Blumenarrangements, Glitzergirlanden und Wärmeplattens, die wie auf einer Perlenkette aufgefädelt den Weg zu den Suiten zeigten. Alles schrie förmlich nach Hochzeit. Bestätigt wurde dieser Verdacht durch die Brautmutter, die uns ganz begeistert von den Festlichkeiten erzählte. Zu unser aller Begeisterung stieß die Braut selbst ebenfalls dazu. Ihre henna-bemalten Hände und der viele Schmuck offenbarten eine Sprache, die wir alle verstanden. Heute wird Hochzeit gefeiert!
Die Verlobung mit ihrem Mann aus Delhi geschah bereits am Tag zuvor, heute wollte man den letzten Tag der Festlichkeiten gebührend feiern. Leider konnten einige Freunde aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht einfliegen, das Brautpaar sollte sich aber mit 500 Gästen dennoch nicht allein fühlen. Wir stellten uns alle vor, noch etwas schüchtern und verlegen, man wollte schließlich niemanden von etwas abhalten. Die anfängliche Reserviertheit verflog sofort, als man sich gegenseitig neugierig Fragen stellte und sich sympathisch gegenüberstand. Und dann kam sie, die eine Frage, auf die es nur eine Antwort gab: „Wollt ihr zu unserer Hochzeit kommen?“. Ok, zugegebenermaßen folgte auf diese Frage zunächst eine Gegenfrage: „In den Klamotten?“ Aber als der erste Schock vorbei war, gab es ein kollektives JA und die Freude hätte nicht größer sein können! Und so besuchten wir abends das Brautpaar in Multifunktionskleidung, exkursionsbedingten Strubbelhaaren und Wanderschuhen, tanzten gemeinsam mit Freunden und Freundesfreunden und machten Erinnerungsfotos. Gehen durften wir erst, als auch wirklich jeder satt war. In dem Moment haben wir die alten Tage aufleben lassen und konnten uns ein ganz eigenes, aber in erster Linie authentisches Bild vom großen Festsaal des Peter Hoffs machen. Und das bleibt uns allen für immer in Erinnerung. JA, das bleibt es.
Johanna Berresheim
Die Hochzeit
Am Donnerstag, den 12. März 2020, besichtigten wir das Luxushotel Peterhoff in Shimla. Dieses wird auch viel für Hochzeiten genutzt. Während der Besichtigung des Peterhoff wurde in der großen Halle ein Fest vorbereitet. Aus Interesse fragten wir einfach, was dort vorbereitet werden würde, schließlich gaben sich die Helferinnen und Helfer richtig Mühe, und wir erfuhren: Am Abend würde dort eine Hochzeit stattfinden! Wir erhielten eine herzliche Einladung zu der Hochzeit, womit wir gar nicht rechneten! Schließlich ist so eine Hochzeit ja hauptsächlich eine Feier für das Brautpaar, Familie und Bekannte, aber nicht für eine deutsche Gruppe, die ausschließlich zur Bildung und aus Interesse in der Kultur nach Indien kommt. Doch wir nahmen diese Einladung herzlich gerne an!
Leider hatten wir aufgrund unseres straffen Tagesprogrammes nicht die Zeit, uns ausgiebig auf die Hochzeit einzustellen oder uns darauf vorzubereiten! So kamen wir in unserer normalen Exkursionskleidung zu der Hochzeit. Aber was zählt, ist doch die Herzlichkeit der Gäste, und vor allen Dingen, den Gastgebern eine Freude zu bereiten!
Am Abend fuhren wir dann zu der Hochzeit und wurden von einer Traube an Gästen in typisch indischem Festoutfit in Empfang genommen. Es war jede Menge los! Familie und Freunde des Brautpaares waren bereits da – oder kamen noch. Autos fuhren die Gäste bis zum Eingang – und alle mussten darauf achten, inmitten der Feierlaune nicht angefahren zu werden! Doch es war lustig – und laut! So ein Erlebnis hat man ja nicht alle Tage, erst recht nicht dann, wenn man nur Gast in Indien ist!
Vor dem Peterhoff versammelten sich Familie und Freunde des Brautpaares – und mittendrin eine deutsche Exkursionsgruppe.
Wir wurden herzlich in Empfang genommen! Es gab viel zu essen am Buffet und es wurde sich viel unterhalten! Alle waren gut gelaunt und freuten sich auf die Feier. Wir merkten direkt, dass diese Feier etwas Besonderes werden würde! Und das sollte sich bewahrheiten! Eine Hochzeit gibt einen ganz anderen Einblick in die Kultur und man konnte Vieles beobachten. So fiel uns die Begrüßung der älteren Familienmitglieder durch die Jüngeren auf: Die jüngeren Familienmitglieder beugen sich vor, und berühren die Füße der Älteren als Zeichen des Respekts. Diese berühren dann den Kopf der jüngeren Person, um einen Segen zu erteilen. Von dieser Geste hat man vielleicht mal gelesen oder sie in einem der Bollywood-Filme, die auch im deutschen Fernsehen ausgestrahlt werden, gesehen. Es dann aber selber zu beobachten ist eine ganz andere Erfahrung.
Wenig später ging es dann auch los. Nachdem wir unsere zugewiesenen Plätze eingenommen hatten, wurden wir schnell Zeuge, wie die Braut in wundervoller Kleidung zur Bühne geleitet wurde. Sie wurde begleitet von ihrer Familie, die ein Blumenbaldachin trug. Die eigentliche Zeremonie war nur ein kleiner, aber ganz besonderer Akt! Braut und Bräutigam wurden nach nordindischem Brauch am Ende einer zwei Tage andauernden Hochzeitsfeier getraut. Und es war wundervoll! In den zwei Tagen fanden viele Zeremonien statt. Die traditionelle Bemalung der Braut mit Henna fand beispielsweise am ersten Tag statt. Wir waren sehr begeistert, obwohl wir weder etwas verstanden noch sehr viel gesehen haben. Vor der Bühne sammelten sich Fotografen, Kameramänner und Angehörige mit ihren Smartphones, um jeden Moment zu dokumentieren.
Umso größer hingegen war die Party im Anschluss an die eigentliche Zeremonie. Es wurde getanzt und lautstark gefeiert. Es wurde typisch indische Musik gespielt und alle tanzten und feierten ausgiebig! Das Brautpaar, die Familie, Freunde und Bekannte, und mittendrin eine 15-köpfige Exkursionsgruppe aus Deutschland! Es war lustig und großartig, so ein Erlebnis während der Indien-Reise zu erleben. Uns hat dieses Erlebnis jedenfalls sehr beeindruckt. Wir hoffen, dass dieser Abend dem Brautpaar und allen Angehörigen und Bekannten genauso gefallen hat wie uns! Uns wird dieses wundervolle Erlebnis jedenfalls in bester Erinnerung bleiben!
Wir hätten am Mittag gar nicht gedacht, dass wir diese Möglichkeit während unseres Aufenthaltes in Indien erhalten würden! Wir bedanken uns von ganzen Herzen für die Einladung zu dieser wunderschönen Zeremonie und wünschen dem Brautpaar ein schönes gemeinsames Leben und alles Gute für die Zukunft!
Niklas Scholl und Ezgi Erdogan