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21.03.2020: e-Exkursion Bodhgaya

© Love Yourself Vlog

„Tempelhopping“ der besonderen Art

Bodhgaya, die Stadt der Erleuchtung. Hier erlangte Siddhartha Gautama vermutlich um das Jahr 534 v. Chr. unter einer Pappel-Feige, dem Bodhi-Baum, die Erleuchtung und wurde damit zu Buddha, dem Begründer einer Weltreligion mit schätzungsweise zwischen 230 bis 500 Millionen Gläubigen[1]. Neben Varanasi und Kalkutta war Bodhgaya jene Stadt, welche mich enorm faszinierte und auf dessen Erkundung ich mich am meisten freute. Zugegebenerweise erfolgte die Erkundung anders als erwartet.

Es ist Samstag, der 21.03.2020, das Coronavirus beherrscht die Schlagzeilen in Deutschland und Indien, hat die Welt fest im Griff. Ich schalte meinen Laptop an, logge mich ins Deutsche Forschungsnetz (DFN) ein und starte die Videokonferenz. Es ist Tag 3. Der dritte Tag, an dem wir unsere Exkursion gezwungenermaßen online fortsetzen, nachdem wir Indien aufgrund der sich zuspitzenden gesundheitlichen Lage verlassen mussten. Angekommen in unserem digitalen Seminarraum blicke ich in die Gesichter meiner Kommilitonen. Frau Kraas begrüßt und lächelt uns allen aufmunternd zu. Allen ist immer noch die Ernüchterung über den Abbruch der lang ersehnten Indien-Exkursion anzusehen. Wir alle fühlen uns um eine wichtige Erfahrung, um unsere letzte große Exkursion im Rahmen unseres Studiums betrogen. Dennoch versuchen alle das Beste aus der aktuellen Situation zu machen, in welche wir geraten sind. Nachdem wir gemeinsam den weiteren Ablauf unseres Tages besprochen haben, steht nun die nächste Station unserer Exkursion auf der Agenda – Bodhgaya.

Augmented Reality & Virtual Reality

Die kleine Stadt Bodhgaya liegt im nordindischen Bundesstaat Bihar im Distrikt Gaya und hat ca. 48.184 Einwohner (2018). Diese kleine Stadt, durch die der Falgu fließt, auch bekannt als Neranjana-Fluss, ist Anziehungspunkt für tausende Pilger und Touristen, denn hier erlangte der Buddha seine Erleuchtung. Hinzukommen die unzähligen buddhistischen Tempel und Klöster, die durch ihre ländertypische Architektur auffallen. Um einen kleinen Überblick über diese Vielfalt zu bekommen, sollten ein paar dieser Tempel besichtigt werden. Wir starteten unser Tempelhopping am Thai-Kloster. Dieser in der für Thailand typischen Wat-Architektur gestaltete Tempel konnte dank der örtlichen Tourismus Behörde Bihar Tourism auch virtuell besichtigt werden, so dass wir uns alle einen kleinen Überblick über den Tempel und das Tempelinnere verschaffen konnten. Als nächstes stand der japanische Tempel, der Indosan Nipponji, auf unserem Plan, welchen wir mittels einiger Bilder und eines kurzen YouTube-Videos besichtigten. Auf dem Tempelgelände befindet sich neben dem im japanischen Stil errichteten Tempelgebäude ein Kindergarten sowie das Komyo Free Medical Centre, welches der örtlichen Bevölkerung kostenlos zu Verfügung steht. Betrieben werden diese Einrichtungen von Kokusai Bukkyo Koryu Kyokai, der Internationalen Vereinigung der buddhistischen Bruderschaft, einer dem japanischen Staat nahestehenden Stiftung. Wie fast alle Tempel in Bodhgaya werden diese von privaten oder halb-staatlichen Stiftungen betrieben, welche durch den Society Registration Act von 1860 durch die indische Regierung zur Wohltätigkeit verpflichtet sind. Dass hinter diesen Stiftungen oftmals auch politische Interessen stecken, war ein Aspekt, den die Referenten ansprachen. Schließlich wurden wir zum „Tempel des großen Erwachens“, dem Mahabodhi Tempel, geführt. An dem Ort, an dem der Buddha zu Erleuchtung gelangte, sollte unsere kleine virtuelle Tour enden. Der Tempel dient seit mehr als 2000 Jahren als Pilgerstätte für Buddhisten, aber auch Hinduisten, und hat eine sehr bewegte Geschichte. Zu bewegt als dass die komplette Geschichte in diesem Blog erzählt werden könnte. Wie auch schon das Thai-Kloster konnte der Tempel virtuell besichtigt werden. So konnten wir das Tempelgelände und den Tempel zumindest in einer „light-Version“ erkunden und uns einen Überblick über dieses heiligste aller buddhistischen Pilgerziele verschaffen. „Gewürdigt“ wurde die enorme Bedeutung des Tempels, indem ihm im Jahre 2002 der UNESCO-Weltkulturerbestatus verliehen wurde. Unteranderem damit verbunden setze eine rasche Entwicklung Bodhgayas als touristischer Pilgerhotspot ein. Die damit verbundenen Vor- und Nachteile wurden im Anschluss in unserem digitalen Seminarraum diskutiert.

Ab in die Mittagspause

Nach diesem Tempelhopping der etwas anderen Art, ohne Bewegung und frische Luft waren wir alle zusehends erschöpft und brauchten dringend eine Pause. Wie wir mittlerweile schon feststellten, sind online Formate kognitiv fordernd und nicht zu unterschätzen. Kleinere Pausen aber auch abwechslungsreiche Arbeits- und Diskussionsphasen dienen hierbei zur Aktivierung und helfen einen klaren Kopf zu bewahren. Daher verabschiedeten wir uns in eine wohlverdiente Mittagspause, in der wir unsere Akkus wieder auffüllen konnten, um für den zweiten Teil des Tages gewappnet zu sein.

Maximilian Keiser


[1] Todd M. Johnson, Brian J. Grim: The World's Religions in Figures: An Introduction to International Religious Demography. Wiley-Blackwell, Hoboken, NJ 2013, S. 34.


 

Mahabodi Temple © Bihar Tourism

e-Exkursion Bodhgaya

Auf Bodhgaya hatten wir uns sehr gefreut. Die kleine Stadt im Bundesstaat Bihar mit knapp 50.000 Einwohnern ist nicht nur für Buddhisten ein heiliger Ort, sondern auch für viele Hindus. Wir mussten uns nun damit anfreunden, die Stadt virtuell ein bisschen besser kennenzulernen. Das ist dank vieler Visualisierungen und spannender Referate gut gelungen – und hat nochmal stark die Lust geweckt, den Ort doch in hoffentlich naher Zukunft wirklich zu besuchen.

Der Name Bodhgaya bedeutet wörtlich übersetzt „Ort der Erleuchtung“ – laut der Legende stand hier der Baum, unter welchem Siddharta Gautama seine Erleuchtung hatte und zu Buddha wurde (vereinfacht erzählt). Der verzierte Mahabodhi-Tempel, der an dem Ort der Erleuchtung erbaut wurde, ist einer der vier heiligsten Orte der Buddhisten. Der Tempel wurde 260 v. Chr. durch den buddhistischen Herrscher Ashoka erbaut, wurde durch die wechselnde indische Geschichte mehrmals durch Kriege zerstört und immer wieder aufgebaut und erweitert. Seit der Buddhismus im 13. Jahrhundert aus Indien und somit auch aus Bodhgaya verschwand, wurde der Mahabodhi-Tempel auch von Hinduisten vermehrt als Gebetsstätte wahrgenommen. Mit der Zeit gab es immer wieder Auseinandersetzung über das „Recht“ auf den Tempel zwischen Buddhisten und Hindus. Seit 1949 gibt es jedoch den „Bodhgaya Temple Act“, der die Verantwortung für den Tempel einem Komitee zuweist, welches immer aus vier Buddhisten und vier Hinduisten besteht. Das ist eine guter Lösungsansatz. Mit Hilfe von Youtube-Videos konnten wir einen kleinen Eindruck der Stätte bekommen und ein bisschen von der Atmosphäre dort träumen.

Der Mahabodhi-Tempel wurde im Jahr 2002 in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen. Ein Grund dafür, dass wir über die Bedeutung und die Entwicklung des Tourismus in Bodhgaya sprachen. 2002 entstand direkt ein internationaler Flughafen in Bodhgaya – die Stadt und die Vermarktung des Erbes soll dabei helfen, die Wirtschaft in Bihar anzukurbeln. Hier lässt sich diskutieren, was die Auswirkungen und Folgen des Weltkulturerbestatus sind, welche Akteure involviert sind, oder inwieweit die spirituelle Atmosphäre der Stadt aufrecht erhalten werden kann.

Die Stadt beherbergt neben dem bedeutendem Mahabodhi-Tempel viele weitere buddhistische Tempel, welche von Buddhisten unterschiedlicher Länder erbaut wurden. Dies spiegelt sich in der Architektur der zahlreichen anderen Tempel. Der japanische Nippontempel hat zum Beispiel die Form einer Pagode. Einen guten virtuellen Zugang gibt es zur Thai Monastery; diese kann man von außen und von innen auf der Website des Bundesstaates Bihar bewundern (http://www.bihartourism.gov.in/districts/Gaya/thai.html). Sie wurde im ornamentalen Thai-Stil gestaltet.

Eine Exkursion online weiterzuführen hat sich niemand ausgesucht und ist offensichtlich weit entfernt von der richtigen Erfahrung, aber es ist trotzdem gut und spannend, weiterhin noch so viel zu lernen. Zumal wir in Quarantäne ja sowieso keine anderen großen Pläne haben. Das Fernweh nach Indien können wir hoffentlich trotzdem bald stillen.

Lioba Pause