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Die Exkursion

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  • Die Sular Muni Pagode im Dämmerlicht. Erobert dank Motorrad. © Monika Langer
  • Eines der bezaubernden Restaurants für Touristen in Nyaung Shwe. Mit dementsprechenden Preisen. © Monika Langer
  • Ein Ausblick zum Träumen… das Weingut Ayethayar. © Monika Langer
  • Wasserlilien mit Pilzen und Knoblauch – eine burmesische Delikatesse. Die man als Vegetarier aber irgendwann nicht mehr sehen konnte. © Monika Langer
  • Ein einmaliges Erlebnis: Mit Pa-O auf Reissäcken zur Uni zu fahren. © Monika Langer
  • Das Pagodenfestival auf dem Inle-See war schon etwas ganz Besonderes. © Monika Langer
  • Die schwimmenden Gärten des Inle-Sees. Sehr malerisch … © Monika Langer

Feldforschung light - in Nyaung Shwe und Taunggyi

Für die Feldarbeit hieß es dann: Ran an die Arbeit! Jede Zweier-/Dreiergruppe erhielt einen Stadtteil, in dem wir Hotels, Restaurants, Dienstleistungen, Banken und Handwerk suchen und kartieren sollten. Man merkte der Stadt an, dass sie für Touristen ausgelegt war, und es waren auch ein paar wunderschöne, mit Liebe gestaltete Hotels und Restaurants dabei.

Nachmittags fuhren wir dann in Pick-ups zum Industriegebiet Ayethayar, wo wir uns mit ein paar Vorstandsmitgliedern über die Zukunft der Fabriken unterhielten. Den letzten Zwischenstopp hatten wir auf einem zauberhaften deutsch-burmesischen Weingut, auf dem wir uns alle ein leckeres Heißgetränk gönnten.

Abends kamen wir dann schließlich in unserem neuen Zuhause auf dem Campus der Universität Taunggyi an: ein zukünftiges Wohnheim für Mitarbeiter. Obwohl alles erst halbfertig war und einige Rohre fehlten, stellte man uns ausreichend Eimer zur Verfügung, um deren Fehlen zu kompensieren.

In den nächsten Tagen teilten wir uns erneut in Gruppen auf, die eine der vier Sparten Hotels, Restaurants, Heritage und Handicrafts übernahmen. Vor der eigentlichen Feldarbeit überlegten wir uns einen Kriterienkatalog, nach dem wir die Objekte bewerten würden. Unsere Restaurant-Gruppe entschied sich für das Vorhandensein von Toiletten – überhaupt nicht selbstverständlich! –, die Sprache des Menüs, die Englischkenntnisse der Kellner, welche Küche angeboten wurde, ob es Saft gab – ebenfalls nicht selbstverständlich – und natürlich Sauberkeit und Design. Meine zwei Myanmaren und ich hatten nun mehrere Tage Zeit, die Westseite Taunggyis nach Restaurants abzugrasen. Was wir vorfanden, verdiente größtenteils nicht mehr als zwei Sterne für Design und Sauberkeit. Was für ein Kontrast zu Nyaung Shwe, wo alle Restaurant-Besitzer um die Gunst der Touristen buhlten! Einheimische begnügen sich eben mit gutem Essen, aber Touristen möchten auch etwas fürs Auge haben (Man merkte dies den Ergebnissen der anderen Restaurant-Gruppe, die nur aus Myanmaren bestand, deutlich an den höheren Bewertungen an). Andererseits – in den paar Restaurants, die wirklich einladend für Touristen gestaltet waren, waren die Preise auch recht europäisch. Ich gönnte mich z.B. einmal eine Portion Spaghetti und am nächsten Tag eine Pizza für jeweils 6000 Kyat, also fast 6€. Beides schmeckte zwar genial, aber man war zu dem Zeitpunkt schon Preise gewöhnt, die höchstens ein Viertel davon betrugen, für nicht weniger gutes Essen. Für Vegetarier gab es in der burmesischen Küche allerdings auch wenig Auswahl: Wassergras/-lilien an Reis, Senfpflanzen an Reis, Kailan an Reis … - ich hatte mir meine Pizza also redlich verdient.

In diesen Tagen ging es natürlich nicht nur ums Essen. Viel drehte sich auch um die Frage des Transports. Meist fuhren wir mit dem klapprigen Bus oder dem klapprigen Pick-Up, aber den Vogel schossen meine beiden Myanmaren ab, als wir am ersten Tag schnell zur Uni zurück mussten, und sie prompt eine Familie anhielten, die vom Markt zurückfuhr. Und so tuckerten wir mit einer Gruppe Pa-O auf Reissäcken zur Universität … was für ein Erlebnis! Das wurde noch nicht mal mehr von manch einer Taxifahrt überboten, während derer wir uns zu siebt im Wagen stapelten. Das kann man zur Not bei uns ja auch noch machen, auch wenn man damit wohl nicht weit kommt.

Die schönsten Transport-Erinnerungen habe ich allerdings ans Motorradfahren. Zunächst hatte ich zwar sehr große Angst davor gehabt – aber Taunggyi war die Motorradstadt schlechthin, und es gab viel mehr davon als Autos. Diejenigen Myanmaren unserer Gruppe, die aus Taunggyi waren, bewegten sich nun auch so fort, und andere hatten sich sogar welche geliehen. Als dann der, der immer so lacht – von den anderen Happy getauft – mir eines Tages anbot, die kurze Strecke vom Department zu unserem Lieblingsrestaurant zu fahren (welches übrigens der beste Beweis dafür ist, dass himmlisches Essen weder viel kosten muss noch dass das Restaurant keine vorübergehende Bude ohne Toilette sein darf), konnte ich kaum widerstehen. Und das Gefühl war einfach herrlich. Ich saß viel sicherer und bequemer als ich erwartet hatte. So war es auch kein Wunder, dass ich annahm, als mir abends zwei andere unserer Jungs anboten, mit mir zu einer der wunderschönen Pagoden der Stadt zu fahren. Mit Helm ließ es sich entspannt den Nervenkitzel genießen, sich an vielen anderen Motorrädern vorbei durch die Straßen zu schlängeln.

Am letzten Tag in Taunggyi war es daher auch unproblematisch, die letzten Restaurants per Motorrad zu kartieren, da wir per Ruckel-Bus in geduckter Haltung ohne wirkliche Aussicht den Überblick verloren hatten – was mit einer Karte ohne Straßennamen auch kaum verwunderlich gewesen war (Das war allerdings auch die einzige und beste Karte, die es überhaupt gab!). Ich hielt mich also mit einer Hand an meinem Fahrer fest, während ich mit der anderen die Karte umklammerte und mit den Daumen die Kreuzungen entlangglitt. So konnten wir auch die letzten Restaurants in die Karte eintragen. Zu guter Letzt nahm er mich noch auf eine Tour zu mehreren Klöstern und phänomenalen Aussichtspunkten mit. Mir war zu dem Zeitpunkt schon klar, dass ich bei der nächsten Möglichkeit, Motorrad zu fahren, keine Sekunde zögern würde. So ging die nette Zeit in Taunggyi vorbei, und wir setzten uns zurück in den Gefrierschrank nach Yangon. Diesmal wurde uns allerdings auch klar, warum die Klimaanlage auf angebliche 18° steht: An der Zwischenstation für Fernbusse wurden Pudelmützen und Strickjacken verkauft. Was würde denn die burmesische Kuscheldecken-, Pudelmützen- und Strickjackenindustrie ohne die Luxusbusse machen! Klar dass man die Klimaanlage nicht wärmer stellen kann. Es hängen zu viele Arbeitsplätze daran. Und so waren wir wieder in Yangon angekommen, und trotz Decken und Mützen hatten alle ein zumindest leichtes Kratzen im Hals bis hin zur Erkältung … wahrscheinlich hatte uns auch der Monsunregen, in den wir ein paar Stunden später auf dem Weg zurück von der Mensa gerieten, den Rest gegeben.

Goodbye, Yangon

In den letzen beiden Tagen stellten wir unsere Forschungsergebnisse zusammen, was bei einigen Gruppen länger dauerte als erwartet. Abschließend erstellten wir eine sogenannte SWOT-Analyse: Strengths, Weaknesses, Opportunities, Threats. Dabei fanden wir heraus, dass wir tatsächlich einiges über diese Stadt erfahren hatten. Im Endeffekt hing vieles daran, dass das Potential, aus Taunggyi eine Stadt zu machen, die es wert ist, sie zu besuchen, nicht genutzt wird. Es ist ja nicht so, als gäbe es nichts zu sehen. Darüber hinaus ist die Stadt vom Inle-See, der hunderttausende Touristen jährlich anzieht, ja auch nicht weit entfernt. Es weiß nur niemand davon, es gibt keine Karten, keine Informationen für Touristen … und so war es wenig verwunderlich, dass die spanischen Touristen, die wir getroffen hatten, ziellos und eher erfolglos durch die Stadt geirrt waren. Was die Stadt braucht, ist einen Ruck, eine Initiative, jemanden oder eher eine Gruppe, die hingeht, und ein Bewusstsein für das Tourismuspotential aufbaut. Eine sinnvolle Karte mit Tipps zu Sehenswürdigkeiten und wie man hinkommt wäre ein Anfang. Der Rest würde sich sicherlich einstellen. Sobald Touristen von dem kulturellen Reichtum angelockt werden, werden auch die Hotel- und Restaurantbesitzer merken, dass es sich lohnt, ein wenig in Dekoration und Design zu investieren. Wir hoffen also, dass diejenigen unter uns, die an der Universität von Taunggyi arbeiten, diese Feldarbeit als Ausgangspunkt nutzen, um ihre Stadt auf die touristische Landkarte zu setzen. Wer weiß, was aus Taunggyi dann in 10 Jahren geworden ist.

Aber natürlich waren wir nicht nur als Geographen hier, sondern wir wollten auch die gemeinsame schöne Zeit zu einem netten Abschluss bringen, und so veranstalteten wir Deutschen einen deutschen Abend im Haus unserer Professorin. Ob es den Myanmaren wirklich geschmeckt hat, werden wir wohl nie wissen, denn sie würden es ja nicht übers Herz bringen, etwas Negatives zu sagen (unsere deutschen Nicht-Vegetarier zumindest hatten ein paar interessante Erfahrungen im Bauchbereich). Aber sie schienen sich alle über unsere Geschenke zu freuen: ein Stück „Holz“ für die Frauen, Kaffee und Schokolade für die Männer und Postkarten aus Deutschland für alle … ja, genau, Holz. Dieses bestimmte Holz ist nämlich das Kosmetikmittel #1 in Myanmar, das die Frauen zu einer Paste zerreiben und auf den Wangen oder dem ganzen Gesicht verteilen. Ich glaube, wir haben jeder einen Familien-Jahresvorrat besorgt …

Und am nächsten Tag ging unsere Exkursion dann tatsächlich zu Ende. Wir verabschiedeten uns alle herzlich voneinander – so herzlich wie es ohne Umarmungen eben möglich ist – tauschten E-Mails und facebook aus und machten ein paar letzte Fotos. Zwei von uns reisten direkt nach der Abschlussveranstaltung ab, um noch Bagan zu sehen, aber die restlichen drei von uns gönnten sich ein paar Stunden im Spa. Während ich eine zweistündige Thaimassage vereinbart hatte, ließen sich die beiden anderen die Füße und Hände verwöhnten, die während des Aufenthaltes doch sehr gelitten hatten. Das war das erste Mal, dass ich nach meiner Thaimassageausbildung eine so lange Massage erhielt. Natürlich empfängt man ganz anders, wenn man es selbst gelernt hat: manchmal hätte ich gerne gesagt, nicht so sehr auf die Knochen, meine Liebe. Aber im Großen und Ganzen war es sehr angenehm, und am Ende ließ ich mir auch eine sehr interessante Massagetechnik zeigen, die ich noch nicht kannte. Die junge Masseurin hat schon Bauklötze gestaunt, als ich die Technik erst mal an ihr ausprobierte, um sicherzustellen, dass ich sie auch in ihrer ganzen Komplexität verstanden hatte. Schließlich notierte ich mir noch ein paar weitere nette Techniken, um sie in mein Repertoire einzubauen, und gönnte mir ein letztes Mittagessen in Yangon. Die nächste Station war für Marc und mich dann der Flughafen, wo wir alles an Kyat, was wir finden konnten, wieder zurücktauschten, und uns wieder arm vorkamen mit den paar Scheinen.

Für uns beide ging es dann weiter nach Bangkok, wo wir eine Nacht in einem tollen Hotel verbrachten, die heiße Dusche genossen, und über die Lebendigkeit der Stadt staunten. Eine ganz andere Welt als Yangon! Aber auch Yangon wird sich sehr verändern in den nächsten Jahren. Wer weiß wann und ob wir wiederkommen. Aber gespannt auf die Veränderungen bis dahin sind wir allemal. Und vergessen werden wir diese Reise, dieses Land und die wunderbaren Myanmaren nie. Sie haben jetzt für immer einen festen Platz in unserem Herzen erobert.

Monika Langer