Das liebe Fahrrad...
Zugegeben, die Idee die Fahrräder mit auf Exkursion zu nehmen, rief zunächst nicht überall Begeisterungsstürme in der Exkursionsgruppe hervor. Die Qualität der Fahrräder reichte von klapprigen Drahteseln bis hin zu schnieken Rennrädern, und die Kondition der Teilnehmenden von gemütlichen Freizeitfahrenden zu Sportskanon:innen. Ausgestattet mit mehr oder weniger professionellem Equipment (Handyhalterung für Navigationssysteme, Fahrradhosen und vorbildlich vielen Helmen) stellte sich die Gruppe den Herausforderungen einer Fahrradexkursion: viele platte Reifen, schleifende Schutzbleche, herausspringende Ketten, eine kaputte Hinterradbremse, Gangschaltung sowie ein kaputter Gepäckträger und abgebrochene Lichter bis hin zum Fahrrad-Totalschaden und dem daraus resultierenden Spontankauf eines neuen Fahrrads. Ja, es war wohl utopisch zu denken, dass die 19 Fahrräder unbeschadet durch die Exkursion kommen und doch ist das Auftreten dieser Zwischenfälle für die beteiligten Personen stets aufregend und nervenaufreibend gewesen. Jasper, Kevin und Friederike entwickelten sich schnell zum Spezialisten-Trio; ihre Ratschläge und Expertise wurden beinah täglich konsultiert…
Wenn das Zweirad dann lief, durften wir die schönen Seiten der Fahrradexkursion kennenlernen: Vorbei an eindrucksvollen Industriedenkmälern wie Phoenix-West und der Zeche Zollern, rund um den zum Verweilen einladenden Phoenix-See, entlang des Dortmund-Ems-Kanals, durch beeindruckend erhaltene (Werks-)Siedlungsgebiete wie die Margarethenhöhe, Oberdorstfeld und die Gartenstadt Dortmund. Bei schönstem Sonnenschein holten wir uns den ersten Sonnenbrand, testeten gut ausgebaute Fahrradwege und erfreuten uns an den kleinen Fahrradampeln in Dortmund. Die inhaltliche Auseinandersetzung mit der Verkehrsentwicklung des Ruhrgebiets konnten wir hervorragend in der Praxis erradeln, erörtern und mit eigenen Erfahrungen verknüpfen. Wir trainierten unsere räumliche Orientierung und Kartenlesekompetenz – auch das mit dem Maßstab haben wir nochmal geklärt…
Nach dem glücklichen Erreichen eines Gipfels geht es aber auch zwangsläufig wieder bergab. Und das bedeutete im Kontext unserer Fahrradexkursion Schneeregen, Graupel, Kälte, Muskelkater, blaue Flecken an den Schienbeinen, Fahrradpannen unterwegs sowie Ärger über schlecht ausgebaute Fahrradwege und Baustellen. Wortwörtlich ist die Strecke bergab aber eigentlich sogar die schönste, gemütlichste und schnellste, denn die Kippscholle bergauf und mit Gegenwind, das haben wir auch erfahren dürfen, ist‘s nämlich ganz schön mühsam. Nichtsdestotrotz bewarb Ida tapfer die Fahrt zu ihrem Standort (Hohensyburg) als lohnend, „wer Lust darauf hat mit mir schön entlang der B54 stetig bergauf zu fahren, der wird am Ende auch mit einem tollen Standort belohnt“.
Das Fahrrad hat es uns ermöglicht, in einem zügigen, aber dennoch nicht überhasteten Tempo Teile des Ruhrgebiets zu erschließen. Wir konnten Kleinigkeiten wahrnehmen und gleichzeitig einen umfassenden Gesamteindruck von Dortmund bzw. Duisburg erhalten. Einige von uns werden sicherlich mit dem Rad nochmal wieder kommen, um Corona-bedingt geschlossene Zechen und Museen zu besuchen. Spätestens aber, um endlich weitere Teile des ominösen Radschnellweges zu entdecken…
Bis dahin, allzeit genügend Luft in Reifen und Rücken!
Frauke Haensch