Kiosks und das Ruhrgebiet - Die verzweifelte Suche nach einem (Club) Mate
Aus dem Rheinland kommend, ist man schon relativ vertraut mit dem Konzept „Kiosk“: kleine Läden, die an jeder Straßenecke zu finden sind, wenn man eine kleine Erfrischung braucht oder mit Freunden unterwegs ist. Der soziale Aspekt von Trinkhallen ist auch im Ruhrgebiet wichtig. Die „Bude“ ist in der Region der zentrale Nachbarschaftstreffpunkt und ein wichtiger Ort der Begegnung: Auch ein Grund, warum wir uns auf die große Exkursion bei uns um die Ecke gefreut haben – spannende und neue Eindrücke, Geschichten und Menschen, aber wenigstens kein Kulturschock!
Das war zunächst die naive Annahme. Aber nun zu der Realität: Was macht einen modernen Kiosk aus? Welche ihrer Funktionen ist am wichtigsten? Und warum kam es am Ende zu dramatischen Nervenzusammenbrüchen auf den langen Fahrradtouren?
Wenn ich an meinen Alltag in Corona-Zeiten denke, ist bei mir ein Büdchen um die Ecke der Ort, an dem ich auf die Schnelle bei meinen täglichen Spaziergängen ein Erfrischungsgetränk, Kaffee oder etwas Süßes holen kann, ohne in einen großen Supermarkt zu laufen oder in einer überfüllten Bäckerei mit vielen Menschen in Kontakt zu kommen – eine optimale Lösung, wie ich finde.
Auf einer zweiwöchigen Fahrrad-Exkursion in einer Region, die sich, wie ich annahm, nicht groß von meiner Heimat unterscheidet, in der Mittagspause eine Trinkhalle zu finden, um die Koffeinsucht mit einer schönen, goldenen Club Mate zu stillen, motivierte mich jeden Tag, meinen sonst wenig genutzten Drahtesel den ÖPNV-Optionen in Dortmund und Duisburg vorzuziehen. Mein Gedanke war es, dass eine 30 km (oder mehr, wer zählt ab einem Punkt schon mit?!) Tour nur durch gute Laune, Gespräche und die Aussicht auf eine Belohnung wirklich lebendig überstanden werden konnte. Aber daraus wurde nur eine verzweifelte Suche nach der richtigen Mate (Top 1 ist offensichtlich Club Mate, Mio Mate ist zwar etwas leichter zu finden, belegt aber im Vergleich zu allen Marken nur Platz 3 und stellt somit nicht die optimale Lösung dar).
Zunächst war es schwieriger als gedacht, offene Trinkhallen zu finden, die dann auch ein ausreichend großes Sortiment hatten, so dass die Option bestand, möglicherweise fündig zu werden. Viele kleine Läden und Trinkhallen waren geschlossen, sind vermutlich bankrott gegangen bzw. wurden im Zuge von Stadtentwicklungsprozessen vertrieben oder waren einfach nicht wirklich sichtbar in unseren Routen.
War aber ein „guter“ Laden in Sicht, wurde er direkt betreten, um dann festzustellen, dass man ohne Hilfe in den kleinen und fast schon chaotisch sortierten Orten nichts finden würde. Nach kurzen Gesprächen mit den Kioskhändlern stellte sich heraus, dass diese nicht mal wussten, was Club Mate ist. Daraus ergab sich dann eine verzweifelte Suche und eine verstärkte Panik. In Duisburg kam es sogar zu dem Fall, dass die Notlösung Supermarkt enttäuschte, und der Tag mit einer Mio Mate Ginger (die beste Sorte der drittbesten Marke) endete.
Mein kleines Fazit: Die Trinkhallen und Büdchen, die wir gesehen haben, verkaufen alles: von süßen Fröschen, gemischten Süßigkeitentüten bis zur Suppe und belegten Brötchen, wenn sie geöffnet sind, aber leider (noch) keine Club Mate. Die Hauptfunktion und der Grund, warum diese Orte so wichtig sind, ist die Möglichkeit des Austauschs oder allgemein der soziale Aspekt - man kennt sich, man trifft nach Jahrzehnten immer noch die gleichen Menschen, die nun Freunde geworden sind, und tauscht sich aus. Das schnelle Reingehen, um eine kühle Mate zu holen, ist dafür bei den Stammkunden anscheinend vieeeeel weniger wichtig. Und ich muss gestehen, dass ich mir bei den dennoch sehr sympathischen Verkäufern gut vorstellen kann, wie diese Orte eine feste Anlaufstelle im Alltag werden können. Im Endeffekt kann man also doch mates (engl.: Freunde) in den Büdchen im Ruhrgebiet finden, aber nicht die, die ich im Sinn hatte ????
Hanna Plassmann, 11.04.2021