02: Bangkok (05.09.-07.09.2019)
Bangkok 05.09.2019
Als wir uns am 05.09.2019 um 9:00 morgens im Royal Rattanakosin Hotel trafen, wurde es erst mal ein wenig chaotisch. Zu übersehen war sie nicht, die große Gruppe Ausländer, wie sie aufgeregt schwatzend im Foyer des Hotels stand. Zunächst gab es ein großes Hallo. Einige von uns waren vor der Exkursion schon durch ein paar der umliegenden Länder und Regionen gereist, andere waren erst vor ein paar Tagen oder Stunden in Bangkok angekommen und eine Person sollte sogar erst im Verlauf des Vormittags zu uns stoßen. Frau Kraas begrüßte uns und wir fühlten uns sofort gut aufgehoben. Wir waren noch nicht aufgebrochen, als sich herausstellte, dass zwei der Teilnehmerinnen wohl gleich zu Anfang Pech mit ihrer Hostelwahl gehabt hatten und nun eine große Zahl an Bettwanzenbissen aufwiesen. So erhielten wir noch vor Beginn der Tagesexkursion unsere erste wichtige Asien-Lektion von Frau Kraas, nämlich, wie man sein Bett vor dem Bezug des Zimmers oder Schlafsaals nach Bettwanzen untersucht: Immer unter das Kissen, unter das Laken, an den Rändern der Matratze und darunter Ausschau halten nach kleinen, rotbraunen Tierchen sowie deren Hinterlassenschaften.
Daraufhin brachen wir zu unserem ersten Standort, dem Königspalast, auf. Hier, auf dem gummierten Platz in der Nähe der beeindruckenden Gebäude, stieß dann auch die letzte Teilnehmerin dazu. Wir erfuhren einiges über die Architektur und den Aufbau Bangkoks, über die königliche Familie, aber auch über „Fließbandtourismus“, welcher sich hier teilweise gut beobachten ließ. Ein Bus nach dem anderen hielt vor dem Palast und goss einen Schwall Touristen auf den Vorplatz. Die Sonne brannte schon heiß vom Himmel und so machten wir uns wieder auf den Weg, durch lärmenden Verkehr, über schmale, unebene Bürgersteige, vorbei an Straßenständen und Kanälen.
Schließlich kamen wir an den großen Fluss, den Maenam Chao Phraya, welcher neben dem Mekong einen der wichtigsten Flüsse Thailands darstellt. Auf dem braunen Wasser des Flusses fuhren viele kleinere und größere Boote. Hier am Wasser war es ein kleines bisschen kühler und ruhiger und so konnten wir in Ruhe die Tempel am Ufer bestaunen. Ein Stück weiter kamen wir an den ursprünglichen Campus der Thammasat-Universität, eine der führenden liberalen Universitäten Thailands. Sie spielte eine wichtige Rolle bei der Demokratisierung des Landes, da sie 1973 Ausgangspunkt des Volksaufstandes und zwei Jahre später Schauplatz des Massakers vom 06. Oktober 1975 in Folge erneuter Demonstrationen durch die Studenten wurde. Wir sahen nur einen kleinen Teil des Campus, und nach einer kurzen Erfrischung hörten wir einiges über das gegenüberliegende Ufer des Chao Phraya und die dort liegenden Krankenhäuser, unter anderem dem Siriraj Hospital, dem ältesten Krankenhaus Thailands. Anders als auf unserer Seite war das andere Flussufer wenig begrünt. Dafür reihte sich dort ein Gebäudekomplex an den nächsten. Gegen Nachmittag zogen wir weiter ins Backpacker-Viertel entlang der Khao San Road. Hier aßen wir zu Mittag, bestaunten die vielen Pubs und Bars, das bunte Obst, welches sich an den Straßenständen aufreihte, und die zahlreichen Souvenirshops, welche ebenso farbenfroh bestückt waren.
Nach dem Essen führte uns unser Weg durch den Bezirk Dusit, den Verwaltungsdistrikt von Bangkok. Hier befinden sich mehrere königliche Paläste und das Parlament. Wir liefen über den Ratchadamnoen-Boulevard, eine große Straße, welche den Champs-Élysées in Paris nachempfunden ist, und den Großen Palast mit dem neueren Dusit-Palast verbindet. Während sich über uns die Wolken zusammenzogen und sich Regen durch erste Tropfen ankündigte, wurden wir Zeugen eines besonderen Schauspiels: Wir standen gerade an einer Kreuzung und drängten uns unter einen großen Baum, während Frau Kraas uns von den Geschäften erzählte, welche sich ehemals in den (heute verlassen aussehenden) Gebäuden entlang der Thanon Ratchadamnoen befunden hatten. Da näherte sich auf einmal ein schick uniformierter Polizist unserer Gruppe und wies uns daraufhin, dass wir leise sein sollten und uns nicht hinsetzen dürften. Schuldbewusst standen diejenigen von uns auf, welche es sich auf der Beetumrandung eines Baumes bequem gemacht hatten. Plötzlich wurde es ganz still. War eben noch das Getöse des ewig lärmenden Verkehrs zu hören gewesen, konnte man nun plötzlich die Vögel und die ersten Regentropfen hören. Ein Blick auf die Straße zeigte uns, dass alle Autos, Busse und Roller angehalten hatten. Frau Kraas erklärte uns, dass nun die königliche Familie vorbeikäme. Und wirklich: Wenige Augenblicke später fuhr eine Kolonne Limousinen mit getönten Fenstern und wappenbewehrten kleinen Fahnen auf der Motorhaube an uns vorbei. Kaum waren sie aus unserem Sichtfeld verschwunden, kehrte das Leben in die Autoschlange zurück und tosender Lärm hunderter Motoren erhob sich wieder über die Stille, die gerade noch geherrscht hatte, als wäre dies nie passiert.
Immer noch staunend, ging es nun zum Wat Sakhet. Der Tempel auf dem „goldenen Hügel“ ist eine der ältesten Tempelanlagen Bangkoks. Hier bekamen wir dann leider doch noch zum ersten (und zum Glück auch fast einzigen) Mal zu spüren, dass wir uns noch am Ende der Regenzeit befanden, denn plötzlich prasselte es nur so vom Himmel. Schnell wurden Schirme und Capes ausgepackt und weiter ging es! Auf halbem Weg den Hügel hinauf kehrten wir kurz in das dortige Café ein und warteten den schlimmsten Teil des Regengusses ab, bevor wir uns weiter auf den Weg nach oben machten. Von der Aussichtsplattform des Tempels hatte man einen tollen Ausblick über die Stadt und konnte gut die unterschiedlichen Bauweisen in der Stadt erkennen, wobei die Gebäude der Altstadt vergleichsweise niedrig und von zumeist traditioneller Architektur waren, während die Gebäude nach außen hin immer höher und moderner wurden und schließlich im Nebel der Dunstglocke verschwanden.
Anschließend ging es zur letzten und wahrscheinlich aufregendsten Station des Tages: Wir waren zu einem gemeinsamen Abendessen mit „unseren“ Thais, also den thailändischen Deutsch-Studenten, mit denen wir in den kommenden Tagen zusammenarbeiten würden, an der Chulalongkorn-Universität eingeladen. Klitschnass und frierend teilten wir uns auf und fuhren mit Taxis und Tuktuks zur geisteswissenschaftlichen Fakultät der Universität. Da sich unser Tuktuk-Fahrer selbst nicht so gut auf dem Campus auskannte, dauerte es eine ganze Weile, bis wir das richtige Gebäude gefunden hatten und so waren schon alle im vierten Stock in einem Seminarraum versammelt, als wir dazustießen. Es gab eine große Begrüßung, jeweils zwei thailändische und zwei deutsche Studenten stellten ihre jeweilige Universität vor, und danach konnten wir uns noch kurz persönlich untereinander vorstellen, bevor das Buffet eröffnet wurde. Und was für ein Buffet! Die Thais hatten keine Kosten und Mühen gescheut und eine wunderbare und absolut köstliche Auswahl an typisch thailändischen Speisen zusammengestellt. Ob Fleisch, Fisch oder vegetarisch, scharf oder mild, süß oder salzig – hier war für jeden was dabei. Während des Essens konnten wir unsere thailändischen Gruppenmitglieder besser kennenlernen und all die Fragen stellen, die uns auf den Lippen brannten. Es war ein wunderbarer Abschluss für einen spannenden Tag, und wir alle freuten uns auf die kommenden Tage.
Bangkok 06.09./07.09.2019
Den folgenden Tag verbrachten wir getrennt in den einzelnen Vierergruppen in den uns zugeteilten Vierteln Bangkoks. Unsere Partner Kong und Niew kamen daher zu uns nach Phrom Phong, einem luxuriösen Shoppingviertel an der Sukhumvit Road. Neben den vielen Malls und Geschäften bietet das Viertel Raum für diverse Wohnkomplexe und Angebote für sogenannte Expatriates, also Auslandsentsandten, unter anderem aus Japan, den USA, Korea, Australien, China oder Großbritannien. Dementsprechend sind die Nebenstraßen der Sukhumvit Road angefüllt mit Irish Pubs, Karaokebars, europäischen Restaurants, japanischen Bäckereien, koreanischen Barbecues, Kunstgalerien, Massagesalons und vielem mehr. Kong und Niew zeigten uns das pompöse EM-Quartier, eine riesige Luxusmall mit Rooftop Garden, eine kleine Galerie mit einer interessanten Ausstellung eines thailändischen Künstlers, eine kleine japanische Bäckerei, den Benchasiri Park und schließlich ihr Lieblingsrestaurant. Sie beantworteten all unsere vielen Fragen, erzählten uns viel über ihre Kultur, das thailändische Studentenleben, den Verkehr in Bangkok, ihre Reisen nach Deutschland, über die thailändische Küche und natürlich über die Orte, die sie uns zeigten. Nachmittags verabschiedeten sie sich, denn thailändische Studenten haben oft nachmittags noch Univeranstaltungen und ansonsten diverse Hobbies, denen sie mit großer Freude in ihrer wenigen Freizeit nachgehen. So musste Niew sich verabschieden, um Volleyballtraining zu geben und Kong hatte noch ein Nachmittagsseminar an der Chulalongkorn-Universität. Dankbar für den schönen Tag und die wirklich nette Begegnung überreichten wir ihnen unsere Mitbringsel aus Köln und luden sie zu einer Stadttour durch unsere Heimatstadt ein, wenn sie mal wieder in Deutschland sein sollten.
Am dritten Tag wurde dann durchgewechselt: Immer zwei Zweierteams unserer Kölner Studenten aus den einzelnen Stadtvierteln kamen zusammen und ließen sich vom jeweils anderen Team eine Führung geben. Stolz zeigten wir, was wir über Phrom Phong gelernt hatten und ließen uns im Gegenzug durch Phaya Thai führen. Hier wurde direkt der Unterschied zu Phrom Phong deutlich: Während das Luxusviertel stark von internationalen Firmen und ausländischer Klientel geprägt ist, sind die Malls in Phaya Thai eher auf die Zielgruppe der einheimischen und zugewanderten Bevölkerung ausgelegt. Englische Ausschilderungen und Preise sind hier selten, und auch das Angebot ist weniger touristisch als vielmehr für den alltäglichen Einkauf geschaffen. Am Nachmittag kehrten wir erschöpft und verschwitzt in das Hostel zurück, in dem wir unser Gepäck abgestellt hatten, und machten uns frisch für die Fahrt mit dem Nachtzug nach Chiang Mai.
Auf dem Weg zu unserem Treffpunkt, dem Bahnhof Hua Lamphong, merkten wir einmal mehr, wie wichtig es in Bangkok ist, für längere Wege durch die Stadt viel Zeit einzuplanen. Die schnellste Art, sich dort fortzubewegen, ist der BTS Skytrain, welcher aber leider nur die Hauptverkehrsachsen der Stadt abdeckt. Eine weitere Art, relativ schnell von Punkt A nach Punkt B zu kommen, ist die Metro. Auch hier ist das Netz jedoch nicht flächendeckend und die Stationen sind teilweise etwas versteckt. Oft ist man darum, wenn es quer durch die Stadt gehen soll, auf das Taxi angewiesen. Da jedoch immer Stau herrscht, muss man meist mindestens eine halbe Stunde mehr einplanen als eigentlich notwendig, und so wurden wir leicht nervös, als wir in unserem Taxi zum Bahnhof saßen und unsere Fahrt via GPS auf dem Handy nachverfolgten. Letztendlich schafften wird es aber noch, pünktlich da zu sein und die Erleichterung war groß, als das imposante Bahnhofsgebäude vor uns auftauchte. Jetzt konnte es los gehen: Auf in den Norden!
Yasmin Heinrichs