Tag 20-21 (19.-20.09.): Flieg, kleiner Wellensittich
Das Warten hat ein Ende. Nach 10 Tagen, an denen wir mit unseren Nasen an der durch Vulkanasche verdreckten Scheibe geklebt haben, endet unsere Isolation und wir dürfen endlich wieder durch Island fliegen. Noch etwas aufgeregt, aber auch leicht außer Puste, holen wir unsere Mietwagen ab. Ein letztes Frühstück des netten Isolationshotels, und dann trennen sich unsere Wege. Einige von uns bleiben noch mehrere Tage und erkunden die Südküste, andere nur einen weiteren und bleiben auf der Reykjanes-Halbinsel. Dieser Blog berichtet von der Reise derer, die nur einen weiteren Tag in Island bleiben können.
Nach ausreichender Stärkung erkunden wir zunächst Reykjavik. Es fühlt sich sehr zufriedenstellend, aber auch etwas merkwürdig an, Sehenswürdigkeiten nicht mehr nur digital zu sehen. Ein Highlight ist natürlich die Hallgrímskirkja. Die in den 1940er Jahren geplante, 1986 eröffnete Kirche wurde vom Architekten Guðjón Samúelsson designt und spiegelt mit ihren sechseckigen, weißen Säulen die Form der Basaltsäulen und mit der weißen Farbe das ewige Eis, also die „Designsprache“ der Natur Islands wieder. Weiter geht’s zum alten Hafenkomplex, wo mit den zu Bars und Cafés umfunktionierten Lagerhallen nun bei Nacht mehr los ist als tagsüber. Mit erhöhtem Blick über den Hafen sehen wir schon unser nächstes Ziel, das neue Opern- und Konzerthaus Harpa. Auch hier wurden wieder die Formen der Natur Islands in das Design integriert. Diesmal im Design der Glaspanelle der Außenseite. Damit endet unser kleiner Rundgang durch das Stadtzentrum Reykjaviks und wir machen uns auf den Weg zum Fagradalsfjall.
Doch zuvor besorgen wir uns noch etwas Proviant im größten Einkaufszentrum Islands in Kopavogur. Mit gefüllten Bäuchen und Taschen machen wir uns auf den Weg zum Vulkan. Mit Vorfreude beginnen wir den Aufstieg zum Fagradalsfjall. Keiner von uns hat bisher das Privileg gehabt, einen aktiven Vulkan zu beobachten, weswegen wir den Aufstieg schnell bestreiten wollen. Nach kurzem Stopp an der Livestream-Kamera, wo wir den in Deutschland verbliebenen Exkursionsteilnehmern einen kurzen Gruß vorbeischicken, entdecken wir erste glühende Magmaflecken in der schwarzen Landschaft. Die Vorfreude steigt weiter. Von unten sehen wir den rauchenden Krater, und die Vorfreude steigert sich ins Unermessliche. Oben angekommen, erwartet uns ein fantastischer Ausblick über den Krater und das gesamte Lavafeld, das sich in den letzten Monaten gebildet hat. Leider spuckt der Vulkan in der Zeit leider kein Magma, und so machen wir uns einige Zeit später auf die Flucht vor einem herannahenden Sturmtief. Den Abstieg wollen wir zügig hinter uns bringen und wandern am ausgekühlten Rand des Lavafeldes Richtung Parkplatz. Kurz bevor wir das Auto erreichen, zeigt der Vulkan doch noch ein Lebenszeichen, und wir können mehrere Lavaflüsse entlang der Bergkante beobachten. Was für ein toller Abschluss für diesen Tag – und unsere Reise generell. Die Nacht verbringen wir in unserem Auto und bekommen mehr oder weniger viel Schlaf ab.
Im Flieger nach Hause holen die meisten dann den Schlaf nach. Nur noch die Bahn Richtung Köln nehmen, und damit endet eine Reise, die, wie angekündigt, Expeditionscharakter hatte und uns vor ungeahnte Herausforderungen gestellt hat. Auch wenn es teilweise nicht so lief wie erwartet, sind wir dankbar für die Tage, die wir hatten, und die Eindrücke, Erfahrungen und Freundschaften, die sich über den Verlauf der Reise entwickelt haben.
Thomas Barucha